Die WM der Wunder
Wenn man bei dieser WM mit etwas nicht rechnen konnte, dann war das eine ÖSV-Medaille im Herren-Riesenslalom. Dafür mussten in Cortina einige Faktoren zusammenkommen:
. . . eine unheimlich eisige Piste
. . . eine sehr langsame und eckige Kurssetzung
. . . einige unnötige Ausfälle
. . . und ein Marco Schwarz, der immer mehr über sich hinauswächst.
Eine wirklich tolle Leistung also, die so niemand erwarten oder erhoffen konnte. Der Kombi-Titel scheint ihm die nötige Motivation und auch die Risikobereitschaft gegeben zu haben. Seine Fahrt im zweiten Durchgang war nicht einmal voll am Limit. Vielmehr strategisch sehr überlegt und klug, meisterte er den gefährlichen Starthang. Als Slalomfahrer wusste er, dass auf solchen Verhältnissen die Linie ohne Kompromisse behalten werden muss. Linienkorrekturen während der Fahrt sind ohne großen Zeitverlust kaum noch möglich. Das musste auch der vermeintlich sichere Weltmeister Alexis Pinturault schmerzlich erfahren. Die schlechten Sichtverhältnisse im Starthang verunsicherten Pinturault so sehr, dass er sich dazu verleiten ließ, direkter auf die Tore hinzufahren. Es dauerte dann nur wenige Schwünge und er schied mit Innenskifehler aus. Was für ein Drama! Für die Franzosen allerdings ohne gravierende Folgen. Mit Mathieu Faivre, dem Weltmeister im Parallelbewerb, gewann einer aus dem Tricolore-Team Gold. Ein verdienter Sieger. Weil ihm schon im ersten Durchgang ein brillanter Lauf mit vollem Risiko gelang. Weil er die die Strategie im zweiten Durchgang durchzog und damit Pinturault ordentlich unter Druck setzte. Das war am Ende entscheidend.
An den letzten beiden WM-Tagen mit den Slalombewerben sind wir bei den Damen wie auch bei den Herren gut gerüstet. Und auch die Moral ist im ÖSV wieder auf einer Höhe angelangt, wie es sie nur zu Zeiten von Marcel Hirscher und Hermann Maier gegeben hat.
„Als Slalomfahrer wusste Schwarz, dass man bei solchen Verhältnissen die Linie ohne Kompromisse behalten muss.“
Marc Girardelli
sport@vn.at
Marc Girardelli zählt mit fünf Gesamt-Weltcupsiegen zu den erfolgreichsten alpinen Rennläufern im Skizirkus.
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