Die junge Katharina Liensberger: Hut ab vor der „wilden Henne“

Alexander Berthold, ehemaliger VSV-Landestrainer, erinnert sich
an den Karrierebeginn von Katharina Liensberger.
Göfis Es ist knapp neun Jahre her, da stellte Katharina Liensberger schon einmal alle in den Schatten. Selbst die Buben. Bei der österreichischen Schülermeisterschaft am Hochficht gewann die frischgebackene Doppelweltmeisterin von Cortina d‘Ampezzo damals Slalom, Riesentorlauf und die Kombination. Im Riesentorlauf hängte die 14-Jährige die gesamte männliche Konkurrenz ab. „Eine außergewöhnliche Leistung“, zollte Verbandstrainer Alexander Berthold Respekt. „Das war zuletzt Anita Wachter gelungen. Vom Wesen her ist Kathi eine Ruhige, aber am Hang eine wilde Henne.“
Hartnäckig die Ziele verfolgt
Neben dem skifahrerischen Können definiert Berthold, der heute beim Schweizer Verband für den männlichen Nachwuchs zuständig ist, Wille, Einstellung und Intelligenz schon damals als Stärken. „Sie war in ihrer Altersklasse nicht immer die Beste, aber sehr zielstrebig“, erinnert sich der 51-jährige Gargellener an die Anfänge mit dem Talent vom Skiklub Rankweil. „Sie ist eine, die man sich als Trainer wünscht. Man musste sie nie antreiben, eher bremsen. Wenn du ihr gesagt hast, eine Dreiviertelstunde wird ausgelaufen und 15 Minute gedehnt, dann hat sie das auf Punkt und Beistrich ausgeführt. Da gab es keine Diskussion.“ Berthold arbeitete drei Jahre in der Skihauptschule Schruns mit Liensberger, später gab es ein Wiedersehen im VSV-Jugendkader. „Sie hat aber ziemlich schnell den Aufstieg in den ÖSV-Nachwuchs geschafft.“ Im Jahrgang mit Franziska Gritsch und Katharina Gallhuber war die Göfnerin die Nummer drei, als es um den Aufstieg in den ÖSV-Kader ging. „Von den Punkten her standen die anderen besser da“, erinnert sich Berthold. „Aber Trainer Stefan Schab hat Kathi gesehen und wollte sie als Dritte dabei haben. Sie hat ihm vom Skifahren her getaugt. Und wie schon vorher im Schülerkader hat sie im ÖSV viele bessere Mädchen überholt.“
Es muss perfekt passen
Technisch hat Liensberger Berthold nicht erst bei der WM 2021 überzeugt. „Sie ist schon früher sehr exakt gefahren. Wenn du ihr eine Korrektur gegeben hast, hat sie es genau umgesetzt. Schon fast übertrieben gut.“ Der Ski-Ausbilder erinnert sich: „Bei den Schülerrennen in Abetone haben wir uns Videos angesehen. Ich habe bei Kathi etwas korrigiert, ihr aber grundsätzlich mitgegeben: ,Es wird schwierig sein, das gleich umzusetzen. Fahr morgen einfach dein Rennen. Dafür sind wir hier. Schau, dass du Gas gibst.‘ Da sah sie mich vorwurfsvoll an und meinte: ,Ich habe gedacht du kennst mich besser.‘“
Die zentrale Stellung über dem Ski, das ausbalancierte Fahren, das mache Liensberger so schnell. Berthold: „Und wenn es einmal nicht so funktioniert, bleibt sie knallhart dran, sucht den Fehler. Sie gibt nicht auf, bis es ihr perfekt passt. Ich muss den Hut ziehen, das ist ein Meiggi, dass einen super Willen hat, hart arbeitet, zielorientiert unterwegs ist. Sie ist für die ganze Jungend ein richtiges Vorbild.“
Etwas stach Berthold während der WM bei Liensberger heraus: Kathis Zufriedenheit mit dem – vorerst – zweiten Platz im Parallelrennen. „Sie hat sofort Marta Bassino gratuliert, sich über Silber gefreut. Da hat sie Größe gezeigt, das hat mich sehr beeindruckt.“
