„Raus aus der Komfortzone“

FAC-Coach Ellensohn über den Sprung ins Profigeschäft, Risiko und den Wiener Grant.
Wien-Floridsdorf Seit Februar ist Roman Ellensohn beim FAC Wien als Cheftrainer tätig. Für den 37-Jährigen ist es die erste Trainerstation bei einem Profiklub. Im VN-Interview erzählt der Ex-DSV-Coach von seinen ersten Wochen auf der Trainerbank des FAC-Platzes.
Gegen Rapid II (1:0) hat es jetzt endlich mit Ihrem ersten Sieg geklappt. Wie groß war die Erleichterung?
Ellensohn Natürlich war das sehr wichtig. Es fällt einem immer ein Stein vom Herzen, besonders wenn man – wie die halbe Liga – gegen den Abstieg spielt. Da tun die drei Punkte gut.
Ihr Start war mit drei unglücklichen 0:1-Niederlagen in Serie ja auch alles andere als optimal.
Ellensohn Wenn du besser spielst und trotzdem verlierst, kannst du es schwer akzeptieren. Gegen Rapid II waren wir dann nicht besser, aber der Spielverlauf war ganz wichtig. Wären wir in den anderen Spielen auch in Führung gegangen, hätten wir sicher sechs Punkte mehr.
Aber Nervosität war von Ihrer Seite nach dem durchwachsenen Start nicht da?
Ellensohn Doch. Wenn du als neuer Trainer die ersten drei Spiele verlierst, fragt niemand, ob du besser gespielt hast. Und auch gegen Wacker Innsbruck (2:2) waren wir ja in Unterzahl 0:2 hinten. Aber ich formuliere das immer positiv: Wir haben das Glück mit harter Arbeit erzwungen und schauen, dass es mit harter Arbeit so weitergeht.
Ich schätze Sie nicht als enorm risikofreudig ein – sondern als jemanden, der Entscheidungen sehr durchdacht trifft. Ging Ihnen der Wechsel nicht zu schnell?
Ellensohn Je frischer die Anfrage da war, umso unsicherer war ich. Je länger die Gespräche dauerten, desto sicherer war ich mir mit der Entscheidung. Es stimmt schon, ich bin nicht der extrem spontane Typ. Ich habe auch den Lehrerjob in Lustenau aufgegeben – da musst du dir natürlich auch zweimal Gedanken darüber machen. Aber ich habe mir auch gesagt: Die Komfortzone musst du als Trainer auch mal verlassen. In diesem Geschäft kannst du nicht immer in Vorarlberg in deiner Wohnung wohnen und warten bis Bayern München anklopft.
Wie kommt der Floridsdorfer AC überhaupt auf den Trainerkandidaten Roman Ellensohn vom DSV?
Ellensohn (lacht) Durch die Teilnahme am UEFA-Pro-Lizenz-Kurs kommt dein Name gewissermaßen auf eine Liste mit möglichen Kandidaten – denn so viele mit der Pro-Lizenz gibt es nicht. So kommst du auf das Radar.
Insofern war es für Sie in doppelter Hinsicht ein Glücksfall, denn in den Pro-Kurs sind Sie ja auch erst durch eine Aufstockung der Teilnehmerzahl gekommen.
Ellensohn Genau, ich hatte da schon öfter Glück. Ich war auch erst nicht sauer darüber, nicht in den Kurs gekommen zu sein – andere haben es öfters versucht. Durch glückliche Umstände (Anm. d. Red.: Ellensohn war einer von zwei Nachnominierten, nach Kritik an der Teilnehmerauswahl durch den ÖFB) bin ich noch reingerutscht.
Ist es jetzt noch ungewohnt für Sie, jeden Tag auf dem Platz zu stehen?
Ellensohn Eigentlich habe ich immer schon 24 Stunden am Tag an Fußball gedacht – deshalb war die Umstellung nicht wirklich groß. Es ist einfach mehr zu tun. Du machst dir mehr Gedanken über das Training, weil du mehr Einheiten hast. Und du hast natürlich einen größeren Staff.
Was sicher angenehm ist.
Ellensohn Es ist aber auch eine Herausforderung. Du willst jeden einbinden, jeder will eingebunden werden. Das war sicher die größte Umstellung.
Wie groß war denn die Umstellung, von Lustenau nach Wien zu ziehen?
Ellensohn Ich habe mich gut eingelebt. Von Wien habe ich aber noch nicht wirklich viel gesehen – da fehlt im Moment die Zeit. Wenn das Wetter besser wird, werde ich ein wenig die Stadt erkunden.
Wenn man als Vorarlberger an Wien denkt, drängt sich natürlich eine Frage auf: Sind wirklich alle so unfreundlich?
Ellensohn Naja, ich bin schon falsch in die Einbahn eingebogen, da wurde ich dann von einem älteren Herrn nett darauf hingewiesen (lacht). Sie sind halt sehr direkt, aber ich mag die Wiener.