Formel gähn, das war einmal

Auftaktrennen lässt endlich wieder eine spannende Saison erwarten.
Sakhir Vermutlich hat sich Red Bulls Motorsportdirektor Helmut Marko am ersten Saisonwochenende etwas geärgert, dass er seinen Rückflug aus Bahrain via Dubai unmittelbar nach Rennende gebucht hatte, angesichts des zu erwartenden großen Siegs von Max Verstappen, dem Schnellsten an diesem Wochenende. Nach dem vom Niederländer um 0,745 Sek. gegen Lewis Hamilton verlorenen Grand Prix mitsamt der entscheidenden Einflussnahme der FIA-Rennleitung war er dann wohl froh, „schnell weg“ zu sein.
Ratio gegen Emotion
Klar ist: Verstappen war beim Überholen des Rekordweltmeisters in Runde 53 (von 56) vor der berüchtigten Kurve vier der Platz ausgegangen, er war abseits der Piste, und so griff Rennleiter Michael Masi ein: „Wir bekamen sofort den Hinweis, Max müsse den Platz an Lewis zurückgeben“, bestätigte Red-Bull-Teamchef Christian Horner nachher. Verstappen folgte nur unwillig, wie er zugab: „Mir wären fünf Strafsekunden für Nichtbeachtung lieber gewesen. Ich hätte fünf Sekunden Vorsprung in den letzten drei Runden herausfahren können.“ Horners Ratio setzte sich gegen Verstappens Emotion durch. Und vielleicht war das – auch wenn man es bei Red Bull wahrscheinlich nicht so sieht – ein „Ausgleich“ dafür, dass Verstappen 2018 auf dem Red Bull Ring seinen Sieg in letzter Runde nach hartem Manöver gegen Charles Leclerc nach stundenlanger Untersuchung hatte behalten können.
Dass Red Bull, mit Verstappen in allen Trainings und in der Qualifikation dominant, die Saison schlussendlich als „erster Verlierer“ begann, hatte einen zweiten Grund: Die Cleverness und Routine des Mercedes-Strategen James Vowles, der Hamilton zu einem frühen Reifenwechsel in die Box beorderte und so Red Bull unter Zugzwang brachte, der Gegner aber zu spät reagierte. Es war auffällig, wie sehr sich Mercedes nach der Fast-Demütigung in den Vorsaisontests diesen Sieg wünschte, derart groß waren Jubel und Erleichterung bei Sportchef Toto Wolff und seiner Crew mitsamt dem Star: „Ich hätte vorher nicht an dieses Ergebnis geglaubt. Im Qualifying fehlt uns noch die Pace, aber im Rennen waren wir definitiv konkurrenzfähig, und die Strategie machte den Unterschied“, bekannte Wolff. „Wow, was für ein schwieriges Rennen. Sie (Max/Red Bull, Anm.) zeigten am gesamten Wochenende eine außergewöhnliche Leistung. Es war nicht einfach, am Ende die Balance zwischen Angriff und Schonen der Reifen zu finden“, erklärte Hamilton.
Trost für Red Bull war Platz fünf für Sergio Pérez vom letzten Platz aus der Boxenstraße heraus: „Als das Auto auf der Aufwärmrunde abstellte, wollte ich schon aussteigen. Es war ein Wunder, dass es wieder ansprang. Speed und Potenzial waren dann doch da.“
Starker Neuling
Dass die Saison einen beinharten Zweikampf zwischen den beiden Topteams bringen werde, wurde in Bahrain (im Rennen um 17 Grad kälter als die 39 im Qualifying) deutlich bestätigt, offen ist ein Duell auf Augenhöhe zwischen den Nummer-zwei-Fahrern Bottas und Pérez. Wer sich in der Wüste noch als Gewinner fühlen konnte: McLaren und da vor allem der junge Lando Norris, der Routinier Daniel Ricciardo distanzierte, sowie der starke Neuling Yuki Tsunoda als 76. Fahrer der F1-Geschichte mit Punkten im ersten Antreten (Neunter). Gleichzeitig war sein Team AlphaTauri aber schwer enttäuscht, dass Pierre Gasly als exzellenter Quali-Fünfter schon in der Startphase nach Feindberührung mit Ricciardo den Frontflügel wechseln musste, der Wagen danach kaum fahrbar war. „Auch wenn wir uns bessere Ergebnisse erwartet hatten, ist die Stärke des Gesamtpakets Grund zur Freude auf die nächsten Rennen“, so Teamchef Franz Tost.
In Bahrain ist man stolz, in vier Monaten vier F1-Events (drei Rennen plus Tests) problemlos durchgeführt zu haben, am Sonntag sogar mit 4500 geimpften oder Covid-genesenen Zuschauern. Das Schlusswort dazu gehört Lewis Hamilton: „Es tat gut, erstmals nach so vielen Rennen wieder Zuschauer zu sehen.“
„Es tut gut, erstmals nach so vielen Rennen wieder Zuschauer zu sehen.“
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