Toni Innauer

Kommentar

Toni Innauer

Toni Innauer über das schwierige Loslassen des ÖSV-Präsidenten Peter Schröcksnadel

Sport / 03.05.2021 • 09:30 Uhr / 3 Minuten Lesezeit

Es waren Juan Antonio Samaranch und Michael Payne, die, in den Achtzigerjahren beginnend, die spektakuläre „Olympische Wende“ vollzogen: Das IOC, mit seinen verstaubten Ringen und Ladenhüter-Spielen, verwandelte sich in die bekannteste Marke der Welt.
Wie eine Blaupause dazu hat Peter Schröcksnadel – eine Liga tiefer – den ÖSV von einem sportlich anerkannten, aber peinlich unterfinanzierten Laden zu einem international bestaunten Vorzeige-Sportkonzern geformt.
In beiden Fällen waren es wirtschaftlicher Instinkt, politisches Geschick und Durchsetzungskraft der Präsidenten, die in mutigen Schachzügen vieles neu gestaltet und ihre Verbände ins gelobte kommerzielle Paradies geführt hatten. Trotzdem wäre eine Heiligsprechung übertrieben. Es waren auch „die Gunst der besonderen Jahre“, die dramatisch und global veränderten politischen Rahmenbedingungen, gekoppelt mit technologischen Innovationen und Entwicklungen, die völlig neue Zugänge ermöglichten. Viele wirtschaftlich versierte und Unerschrockene konnten damals, zuvor nie dagewesene Chancen identifizieren und verwerten. Der Eiserne Vorhang war gefallen, realer Kommunismus und Sozialismus am Boden.

Hintergrundgeräusche

Ein endgültig enthemmter Kapitalismus entdeckte den Profisport, das scheinheilige olympische Amateurstatut wurde widerstandslos entsorgt und die Sportwelt radikal umgebaut. In den Markt drängende Unternehmen, private Fernsehanstalten, Wettbüros und das Heraufdämmern des digitalen Zeitalters fanden im Spitzensport kongeniale Partnerschaften. Die Preise für TV-Rechte und Werbepartnerschaften schraubten sich in ungeahnte Höhen.
Unser zukünftiger ÖSV-Ex-Präsident hatte die Möglichkeiten rechtzeitig erkannt und mitgestaltet, verzopfte Strukturen im Verband bereinigt, essenzielle Rechte für den ÖSV juristisch durchgekämpft und ökonomisches Wachstum nachhaltig mit sportlichem Erfolg abgesichert. Mit stolzem Blick auf sein bemerkenswertes Lebenswerk könnte er jetzt den Verband neuen Lenkern übergeben und sie großmütig in die Post-Schröcksnadel-Ära entlassen!
Aber die Hintergrundgeräusche rund um seine Nachfolge klingen weniger harmonisch. Michael Huber zieht sich zurück, Michael Walchhofer fällt plötzlich in Ungnade, Renate Götschl kandidiert überraschend. Es soll zwar der Mantel, aber nicht das Zepter abgelegt werden!
Damit engt er Entwicklungsmöglichkeiten und Reputation seiner Nachfolger empfindlich ein.
Der alte Kaiser möchte – warum auch immer – die wichtigsten Zügel weiter in der Hand halten. Wer Aufsichtsratsvorsitzender einer neu gegründeten Holding der ÖSV-Gesellschaften ist, die TV-Verträge und Werbeverträge für die jeweils aktuellen sportlichen Superstars ausverhandelt, der will das Sagen behalten, egal wer „über ihm“ Präsident oder Präsidentin oder wer Geschäftsführer sein wird.