„Airbag“ für die Schiedsrichter

Mit dem Saisonstart in der Bundesliga startet in Österreich der Videobeweis im Fußball.
SCHWARZACH Mit dem Saisonstart im Juli 2021 kommt der Videobeweis in der österreichischen Bundesliga zum Einsatz. Aufgrund der Lockdown-Maßnahmen verschob sich die Einführung um ein halbes Jahr. „Der VAR funktioniert wie ein Airbag“, sagt der frühere deutsche FIFA-Referee Hellmut Krug, der die Ausbildung der österreichischen Video-Schiedsrichter als Experte begleitete. Ab dem 23. Juli, wenn der SK Sturm Meister Salzburg empfängt, gehören der Video Assistant Referee (VAR) und sein Assistent (AVAR) also auch zur Stammbesetzung einer Partie in der höchsten österreichischen Spielklasse. Dazu kommt noch ein Replay Operator, der im VAR-Raum in Wien die Hebel bedient und den Regel-Fachleuten schnell die benötigten Bilder zuspielen muss.
Nicht nur bei allen Bundesliga-Spielen, auch im Finale des ÖFB-Cups schaut der VAR künftig mit Argusaugen zu. Die Implementierungskosten in der Höhe von rund einer Million Euro trägt der ÖFB, der laufende Betrieb wird von der Bundesliga mit rund 1,5 Mio. Euro pro Saison gestemmt.
Transparenz ist notwendig
Die Operatoren haben keinen direkten Bezug zum Schiedsrichterwesen, sie wurden in einem sechswöchigen Programm vom technischen Anbieter Hawk-Eye geschult. Das VAR-Personal hingegen setzt sich vorerst aus Unparteiischen der Bundesliga und 2. Liga zusammen, 13 VAR-Duos gibt es in Österreich fürs Erste. Eigentlich hätte der Start schon mit Beginn der Frühjahrssaison 2021 erfolgen sollen, doch die Covid-19-Pandemie bewirkte einen Aufschub der vorgeschriebenen Schulungen von Mitte März bis Ende Juni 2020. In den meisten Fällen liefern sechs Kameras von Liga-Partner Sky das Rohmaterial an Hawk-Eye, bei Schlagerpartien wird auf bis zu elf Kameras erweitert. Mittels Glasfaserkabel werden die Signale dann nach Wien geleitet, dort aufbereitet und für mögliche Überprüfungen auf dem Rasen aus der Video-Zentrale retour ins Stadion geschickt. Sky speist über eine App auch Grafiken in das Live-Bild ein, um die Fernsehzuschauer schnell und transparent über die VAR-Intervention zu informieren. Außerdem wird der Ablauf auf den Video-Monitoren im Stadion angezeigt.
Schnelle Entscheidungen
Andreas Holzer, der sich als Projektleiter bei der Bundesliga um die Umsetzung kümmert, hat bei den vielen Testläufen in den Bundesliga-Arenen zuletzt eines festgestellt: „Das Zeitmanagement ist extrem wichtig. Schiedsrichter und VAR und Operator müssen sehr schnell und präzise kommunizieren.“ Sinn und Zweck des Ganzen ist, die krassesten Fehlentscheidungen sofort auf dem Platz korrigieren zu können. So wie ein Airbag nur bei einem Crash aufgeht, soll der Video-Schiedsrichter nur im Notfall eingreifen.
„Wir müssen natürlich auch dem Video-Schiedsrichter in Worten erklären, was wir gesehen haben, damit sich auch der Video-Schiedsrichter neben dem Bild ein weiteres Bild machen kann“, erläuterte Bundesliga-Schiedsrichter Harald Lechner, der künftig auch als VAR tätig sein wird. „Das wird die große Herausforderung für uns, in Worten zu erklären, was wir gesehen haben, damit der Video-Schiedsrichter feststellen kann, ob ein klarer oder offensichtlicher Fehler vorgelegen ist.“
Regeln sind vorgegeben
Einen österreichischen Weg kann es nur sehr eingeschränkt geben. „Im Wesentlichen ist alles vom IFAB (Anm. d. Red.: International Football Association Board) vorgegeben. Man kann beispielsweise nicht sagen, ich check jetzt auch den Corner“, erklärte Holzer. Womit man geringfügig spielen kann, ist die Interventionsschwelle, ab welcher der Schiedsrichter entscheidet, ob der entsprechende Vorfall überprüft werden soll.
In der Bundesliga soll diese Schwelle tendenziell etwas niedriger liegen. Wahrscheinliche Abseits-Situationen werde man – wie es bei der EURO gehandhabt wurde – bis zum Abschluss des Angriffs laufen lassen, sagte Lechner.