Im Spagat zwischen Sport und Studium

Golferin Chantal Düringer verleiht ihren Lebensplänen in Amerika neuen Schub.
Bregenz Golf-Proette oder Medizinstudium? Oder vielleicht beides? Für Chantal Düringer sind die nächsten zwölf Monate in ihrer Lebensplanung wegweisend. Die 21-Jährige aus Bregenz gibt ab August in Amerika ihren sportlichen und beruflichen Karriereplänen neuen Schub.
Wie gut lässt sich momentan der Ferialjob bei der Arbeiterkammer in Bregenz mit dem Golftraining verbinden?
Düringer Ich wollte einerseits die Zeit zu Hause bei den Eltern genießen, anderseits aber auch Struktur im Alltag haben. Das war ein normaler Ferialjob, bevor es mit den Turnieren weitergeht. Im UniBetrieb heißt es im fünf Uhr aufstehen, dann Fitness, Schule und Training. Ich will auch hier alles durchgetaktet haben.

Wo liegt aktuell der Trainingsschwerpunkt?
Düringer Ich versuche auf dem Platz die Turniersituation hervorzuholen, den Wettbewerb zu simulieren, um nicht den Fokus zu verlieren. Ich trainiere sehr viel das kurze Spiel, das Putten, einfach alles rund ums Grün. Ich muss noch den Putter suchen, der mir die Zuversicht gibt.
Als erste große Turnierherausforderung warten noch in diesem Monat die Women Amateur Championship in England.
Düringer Ja, heuer geht das Turnier im Hunstanton Golfclub in Norfolk über die Bühne. Das ist das bedeutendste Turnier im Amateurbereich, es spielen die weltbesten Amateurspielerinnen mit. Der Gewinner erhält Einladungen zu den AIG Women’s Open, US Open, The Evian Championships und Augusta National Amateur Championship. In der Vorbereitung wartet zuerst ein Trainingslager in Graz auf uns, dann noch eines in Salzburg.

Im August geht es zurück an die Universität in Louisiana nach Monroe, zurück zum Studium und dem Golf.
Düringer Das Herbstsemester wird sehr anstrengend, da es das vorletzte Semester vor meinem Bachelor in Biologie ist. Es ist ein sogenanntes Premed-Studium. Im Golf stehen College-Turniere mit der Mannschaft an. Der Turnierplan ist sehr eng und lässt kaum Zeit für Privates zu.
Was hat nach dem Ende an der New Mexiko State University in La Cruces für den Wechsel an die Universität Monroe und die Damenmannschaft der Warhawks gesprochen?
Düringer In La Cruces hatte ich Probleme mit dem Coach und seiner Trainingsphilosophie. Ich sah meine Ideen nicht ernst genommen, mir hat es nicht gepasst. In Louisiana werde ich mehr geschätzt und gefördert, ich fühle mich ernst genommen. Ich wollte nicht die Nummer acht sein, die Turniere nicht spielen zu können. Wichtig war mir auch das Klima, es musste eine Uni im Süden sein, um auch im Winter trainieren zu können.

Wie gut lassen sich Studium und Golf vereinbaren?
Düringer In der ersten Jahreshälfte 2023 werde ich mich entscheiden, ob ich den Schritt als Proette wage, eventuell in Asien oder Amerika zu spielen. Oder ob ich ein Medizinstudium in Amerika beginne.
Was spricht für den Schritt ins Profileben?
Düringer Um als Proette erfolgreich zu sein, bin ich jetzt schon am Planen. Natürlich habe ich ein Team hinter mir, das neben meinen Eltern, meinem Heimatclub Bludenz-Braz und dem österreichischen Golfverband mittlerweile hauptsächlich in Amerika stationiert ist.
Wie gut sind die Trainingsmöglichkeiten an der Uni?
Düringer Am Campus ist alles vorhanden, was man fürs Golfen benötigt. Es gibt eine Trainingsanlage Indoor, eine Schwunganalyse, eine Range, ein Puttinggreen, eine Superausstattung einfach. Ich habe renommierte Coaches vor Ort. Mein Schwungtrainer Kevin Kirk hat z. B. Patrick Reed (Anm.: Masters-Sieger 2018) trainiert, mein Mentalcoach Deborah Graham ist seit über 20 Jahren im Golfgeschäft. Auch wenn es für mich noch etwas schwierig ist, mich zu vernetzen, ist das der Weg den ich brauche, um Sponsoren auf mich aufmerksam zu machen.

Ist ein Turnier im Fernsehen ein guter Anschauungsunterricht?
Düringer Ja, ich sehe mir viel Golf an. Ich war im Frühjahr bei den Texas Open in San Antonio, habe viele Eindrucke gewonnen. Man sieht, da sind auch nur Menschen am Werk, machen genauso viele Fehler wie du. Das hilft dir, den Druck wegzunehmen. Man sieht, das gelingt nicht einmal den Besten, alles perfekt zu machen.
Welche Voraussetzung braucht es, um als Proette einzusteigen?
Düringer Ich werde natürlich nur dann Proette, wenn ich bis nächstes Jahr Erfolge im Amateurstatus erziele. Das wären z. B. die großen Turniere in Europa, nationale Offene Meisterschaften in Österreich oder internationale Deutsche Meisterschaften im Juni. Auch die Einzeleuropameisterschaften im Juli in Frankreich sind auf meinem Spielplan. In Amerika habe ich dann auch noch die Möglichkeit, mich auf diesen Schritt vorzubereiten. Ziel ist auf alle Fälle die Teilnahme beim größten Turnier der NCAA, der nationalen College-Amateurmeisterschaft im Mai kommenden Jahres, als Amateurin mitzuspielen.
Der Plan B führt in die Medizin.
Düringer Sollte ich merken, dass ich als Proette wenig Chancen habe bzw. nur dabei bin, ohne Chancen auf einen Major-Gewinn, werde ich den zweiten Weg einschlagen. Ich werde Medizin in Amerika studieren. Dafür brauche ich dann mein „Premed“-Studium, um mich auf die Prüfung für das Medizinstudium vorbereiten zu können. In Amerika ist das Medizinstudium anders strukturiert als in Österreich. Um mir aber das Medizinstudium leisten zu können, muss ich vermutlich einen Kredit aufnehmen. Wenn ich diesen Weg einschlage, würde ich nach erfolgreichem Abschluss wieder nach Österreich zurückkommen und hier meine eigene Praxis aufmachen.
Liegt die Lebensphilosophie näher beim Sport oder einem Brotberuf?
Düringer Wichtig ist für mich: Ich möchte nicht nur Golfspielen oder arbeiten, um Geld zu verdienen. Ich möchte etwas bewirken. Sollte es mit dem Golfspiel sein, dann möchte ich eventuell eine Fundation gründen, um finanzielle Möglichkeiten für nicht so privilegierte Menschen zu schaffen. Oder wenn es mein zweiter beruflicher Weg wird, dann kann ich den Menschen mit meinem ärztlichen Wissen helfen.
„2023 werde ich mich entscheiden, ob ich den Schritt als Proette wage.“

Zur Person
Chantal Düringer
Mitglied im österreichischen Golfnationalteam der Damen
Geboren 30. Dezember 1999
Wohnort Bregenz, Louisiana
Klub GC Bludenz-Braz
Ausbildung Matura 2018 Gymnasium Sacre Coeur Riedenburg Bregenz
Universität Louisiana Monroe ab August 2020 bis 2023; Team Warhawks Sun Belt Conference
Studium Bachelor in Biologie, Mathematik und Chemie
Berufserfahrung Ferialjobs in der AK Vorarlberg und Beratungen im Rahmen der Steuerspartage
Trainer Kevin Kirk
Physio Florian Gall
Mentaltrainerin Deborah Graham
Hobbys Fitness, Skifahren, Klavier spielen, Natur, Wandern