Deshalb hat Dornbirns Cheftrainer gerne das Heft in der Hand

Cheftrainer Thomas Janeschitz (56) spricht über seine Spielphilosophie und über unbequeme Veränderungen.
Dornbirn Bis auf die Dressenfarbe ist fast alles neu beim FC Mohren Dornbirn. Das Gesicht zu diesem Relaunch ist Neo-Cheftrainer Thomas Janeschitz. Obwohl er den Vorjahresletzten nach einer katastrophalen Saison übernimmt, strahlt der Wiener im VN-Gespräch Zuversicht aus, die ansteckend wirkt.
Nach dem Abgang aller Urgesteine geht ihr mit komplett neuer Mannschaft in die Saison. Kam dem Klub da nicht die DNA abhanden?
Nein. Die Performance war einfach nicht gut genug. Dann ist es an der Zeit, Entscheidungen zu treffen. Da ist vieles nicht rund gelaufen. Und es sind ja auch schon viele Klubs mit Urgesteinen ins Verderben gelaufen.
Auf was wurde beim Umbruch Wert gelegt?
In Richtung Professionalität zu gehen. Die Challenge war für unseren Sportdirektor Eric Orie, eine komplett neue Mannschaft zusammenzustellen. Da hat er große Arbeit geleistet. Jetzt gilt es, aus den vielen Neuen eine Einheit zu formen. Mit der Art und Weise, wie wir spielen, sollen sie diese DNA, die Sie angesprochen haben, schnell wieder entstehen lassen, damit der Funke überspringt. Die Aufbruchstimmung ist spürbar, die Arbeitsmoral großartig. Für Dornbirn ist es in Wahrheit der einzige Weg, auf junge und einheimische Spieler zu setzen. Wir haben auch einen Co-Trainer, Tormanntrainer und Konditions-Trainer aus Vorarlberg angestellt. Das finde ich extrem wichtig.

Stichwort Professionalisierung. In den letzten Jahren hat Dornbirn da ja immer einen Spagat gemacht.
Vormittagstrainings sind jetzt möglich und wir haben da auch immer 20 Spieler dabei. Nur bei dem einen oder anderen Schüler geht es nicht. Es ist jetzt von der ganzen Trainingsplanung möglich, professionell zu trainieren. Wenn du diese Grundvoraussetzungen nicht bietest, ist es schwer, auf diesem Level mitzuhalten.
Wo zeigt sich die Professionalisierung noch?
Es fängt schon bei den Utensilien und beim Stauraum an oder damit, dass wir das Büro herrichten. Es sind viele Dinge. Der Wille, einiges zu verbessern, ist jetzt da – der vielleicht in den Jahren davor ein bisschen gefehlt hat. Die Leute sehen, dass die Ideen von Eric und mir Sinn machen und das auch ein besseres Bild nach innen und nach außen erzeugt.
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Im Frühling gab es ja großen Krach im Verein, bei dem viele langjährige ehrenamtliche Funktionäre den Verein verlassen haben.
Es hatten sich viele Dinge eingebürgert, wo man es sich teilweise auch gemütlich gemacht hat. Klar, gibt es auch Krach, um sowas zu verändern. Ich sehe bei den Leuten, die im Verein arbeiten, wie sehr sie jetzt aufblühen und wie sehr sie unter der Situation letztes Jahr gelitten haben. Halbe Sachen funktionieren halt nicht. Sicher ist Veränderung auch unbequem, aber um sich weiterzuentwickeln, braucht es sie. Da ist der neue Präsident Hubert Domig auch sehr dahinter.
Wie weit ist das mit den bescheidenen Mitteln möglich?
Unser Klub hat das mit Abstand geringste Budget in dieser Liga. Aber auch mit wenigen Mitteln kannst du die Dinge, die du machst, gut machen.

Warum werken Sie nach elf Jahren als Co-Trainer jetzt wieder als Cheftrainer?
Nach der Zeit in Basel hab ich mit Marcel Koller noch lange Gespräche geführt. Da habe ich gesehen, es ist für mich an der Zeit, wieder Cheftrainer zu sein. Es hat nicht gleich geklappt. Bei den offenen Gesprächen mit Eric hatten wir zunächst eh den Eindruck, es wird sich nicht ausgehen. Aber es war dann ein so spannendes Projekt, dass ich es machen wollte. Der Wille am Platz zu stehen und zu arbeiten, war nach den eineinhalb Jahren Pause sehr groß. So wie es sich jetzt anfühlt, war die Entscheidung auch genau richtig. Ich blühe richtig auf. Die Voraussetzungen waren bei meinen vorigen Stationen am höchsten Level, jetzt wird es auch für mich wieder spannend zu sehen, was alles mit weniger Personal möglich ist. Zurück zu den Basics.
Wie groß ist jetzt die Umstellung in der neuen Rolle?
Von der Wochenplanung ist sie nicht sehr groß. Schon beim Nationalteam und bei Basel habe ich ja Trainingseinheiten geplant, gestaltet und geleitet. Und war natürlich auch in die Entscheidungen involviert. Der Unterschied ist jetzt die Verantwortung. Ich wollte wieder die letzten Entscheidungen treffen. Die Führungsqualität habe ich sicher. Ich war ja auch in der Trainerausbildung als Chef unterwegs. Da sehe ich wenig Probleme.
Ist dann auch ihr Ziel, in der Bundesliga Cheftrainer zu sein?
Natürlich ist Dornbirn jetzt auch eine Plattform für mich als Trainer. Und ich merke schon, dass es das ist, was ich am besten kann – da am Platz zu stehen. Ich hoffe, dass wir das auch am Platz zeigen werden, ganz unabhängig von Platzierungen. Im Grunde kann es ja nur besser werden.
Auch wenn Sie Wiener sind wird es nach den Jahren in Basel keine Sprachbarrieren mehr geben, nehme ich an.
Nein, da sollte ich alles verstehen. Die Frage ist dann nur, ob mich alle verstehen (lacht). Aber es scheint einmal ganz gut anzukommen.

Was ist von der Spielweise geplant?
Flexibel zu sein. Gerade mit Basel hatten wir viel Ballbesitz. Das wird jetzt natürlich etwas anders sein. Aber ich bin schon einer, der das Spiel kontrollieren will. Ich habe das Heft gerne in der Hand. Entsprechendes Ballbesitz- und Positionsspiel ist schon wichtig. Wir werden aber auch manchmal tief stehen, auf Umschaltspiel setzen. Dafür haben wir auch sehr schnelle Spieler. Meine Vorstellung von Fußball ist, dass alle Spieler alle Möglichkeiten parat haben. Das klingt für eine Mannschaft wie Dornbirn vielleicht etwas hochgegriffen, aber im Grunde geht es darum, Lösungen für sämtliche Spiele zu haben. Das geht natürlich nicht von heute auf morgen und braucht seine Zeit.
Vorarlberg ist derzeit in Aufbruchstimmung. Klose ist bei Altach, Lustenau nach 22 Jahren wieder oben …
Und auch bei Dornbirn gabs eine große Trainerüberraschung (lacht). Nein, das ist jetzt für mich nicht so relevant. Am Anfang ist bei sowas ja immer große Aufregung und Euphorie. Mal sehen, wie viele Spiele das hält. Jetzt geht es einmal ums Arbeiten. Dann sieht man eh schon recht schnell, wo es hingeht. Die Wahrheit liegt am Platz – und nochmal fünf Euro ins Phrasenschwein. chk
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