Deshalb schlägt Audi nunmehr Porsche – zumindest verbal

Vorstandschef Duesmann bestätigt den Formel-1-Einstieg der Ingolstädter, nicht aber den Partner. Porsche und Red Bull lassen warten.
Spa-Francorchamps Audi vor Porsche! Aber vorerst nur, was die offizielle Ankündigung des künftigen Konkurrenzverhältnisses in der Formel 1 betrifft. Denn während für die Ingolstädter CEO Markus Duesmann (der F1-Erfahrung als früherer BMW-Motorentechniker hat) und Entwicklungsvorstand Oliver Hoffmann vor dem Grand Prix von Belgien in Spa-Francorchamps den Einstieg in die Topklasse 2026 als Motorenhersteller bestätigten, ist die offizielle Ankündigung aus Stuttgart bzw. Salzburg noch ausständig. „Da wird sich auch in den nächsten Tagen noch nichts tun“, sagte Red Bulls Motorsportchef Helmut Marko aus Nachfrage. Red Bull soll ja mit beiden Teams (Red Bull Racing und AlphaTauri) der Partner von Porsche ab 2026 sein.
„Da wird sich auch in den nächsten Tagen noch nichts tun.“
Helmut Marko, Motorsportchef Red Bull

Neues Reglement
Audis Vorstände machten den künftigen Partner noch zum „Geheimnis“ – „das wird noch heuer bekanntgegeben“, erklärte Duesmann schmunzelnd. Es wird das derzeit noch unter Alfa Romeo auftretende Sauber-Team sein, das zu 75 Prozent von Audi erworben und weiter für das Chassis in Hinwil zuständig sein wird. Die Gründe für Audis Einstieg in die Formel 1 sind dieselben wie für Porsche und wurden schon oft erwähnt: Mit dem neuen Reglement ab 2026 erhöht sich der Anteil des elektrifizierten Antriebsteils auf 50 Prozent, der Verbrenner wird mit erneuerbarem Treibstoff gefüttert, die Kostenbeschränkung durch den Automobilverband ist schon da. Und warum die beiden VW-Marken wie in der Langstrecken-WM (2014 bis 2016) gegeneinander antreten und nicht gemeinsame (kostengünstigere) Sache machen, erklärte Duesmann so: „Die beiden Hersteller haben unterschiedliche Fangemeinden und Einstellungen.“ Und ja, Konkurrenz belebt das Geschäft. „Wir verändern unser Rennsportbudget für die Formel 1 nicht, wir bleiben im bisherigen Rahmen“, sagte der Chef und bezog sich wohl auf die (teure) Hybridära auf der Langstrecke.

Motorsport im Zeichen der Ringe
Der neue Antrieb wird ab demnächst im Hauptquartier von Audi Sport in Neuburg an der Donau entwickelt, mit der bestehenden Mannschaft, allerdings unter der Projektleitung von Adam Baker und unter dem neu eingesetzten Sportchef Rolf Michl. „Bis 2026 ist es nicht mehr so weit, wie es jetzt aussieht“, erklärte Technikvorstand Hoffmann.
Motorsport im Zeichen der Ringe, das ist eine fürwahr lange Geschichte, seit August Horch schon ab der Gründung seiner Firma 1909 bei Langstreckenrallyes dabei war – und 1912 bis 1914 die österreichische Alpenfahrt gewonnen wurde. Apropos vier Ringe, die stehen für die vier fusionierten Marken Horch, Audi, DKW und Wanderer, alle aus Sachsen, und das passierte 1932 – die Auto Union war geboren und trat ab 1934 in der ersten Hoch-Zeit der Vorkriegs-Grands-Prix u. a. gegen Mercedes an: mit Hans Stuck, Achille Varzi, Tazio Nuvolari und Bernd Rosemeyer, der 1936 Europameister wurde. Ferdinand Porsche war maßgeblich an den Typen B, C (Sechs Liter-V16) und D (zuletzt mit Zwölfzylinder, drei Liter und Kompressor bei immer noch 750 Kilo Minimumgewicht) beteiligt. Mit dem Sieg von Nuvolari im Grand Prix von Jugoslawien in Belgrad am 3. September 1939 war der Motorsport am vorläufigen Ende – und der Weltkrieg am Anfang.
Die Schockstarre nach dem Krieg dauerte bis in die 60er-Jahre: 1965 wurde die Marke Audi wiederbelebt, 1969 mit NSU fusioniert. Dass Audi wieder in den Motorsport fand, war dem Vater der Porsche 917, Ferdinand Piech, zu verdanken, der den neuen Allradantrieb „quattro“ über Rallyeeinsätze auf Topebene zum Verkaufs- und Marketingschlager machte. Den ersten Testeinsatz des Ur-Audi-quattro beendete Franz Wittmann bei der Jänner-Rallye 1981 (EM) mit einem Sieg mit 20 Minuten Vorsprung auf die Konkurrenz. Damit war der Weg frei für die WM, in der 1982 bis 1984 je zwei Titel bei Fahrern (Hannu Mikkola 1983, Stig Blomqvist 1984) und Marken geholt wurden. Mit Ende der Gruppe-B-Ungetüme (1986) ging es mit der Gruppe A und dem 200 quattro verhaltener zu, austoben konnten sich Walter Röhrl & Co. auf dem Pikes Peak in Colorado, als der Regensburger der Erste unter elf Minuten auf dem Gipfel (mit Schotterstraße) war.
„Wir wollen der erste Hersteller sein, der diesen Bewerb mit einem elektrifizierten Antrieb gewinnt.“
Oliver Hoffmann, Technikvorstand Audi über die Ziele für die Dakar-Rallye


Unter dem Wiener Langzeit-Sportchef Wolfgang Ullrich gingen technische Innovation und Siegesserien auf der Langstrecke Hand in Hand. TFSI, TDI, Hybrid waren Antriebsschlüssel zu Titel und Renommee: in Le Mans, in Amerika (ALMS), dann in der wiederbelebten WM (WEC). 13 Le-Mans-Siege zwischen 2000 und 2014 gingen in die Motorsportgeschichte ein. Nach einem „privaten“ Erfolg von Abt und Laurent Aiello mit dem DTM-Titel 2002 war Audi ab 2004 wieder offiziell in der DTM vertreten – Mattias Ekström, Martin Tomczyk, Mike Rockenfeller sowie die Wahl-Vorarlberger Timo Scheider und René Rast holten bis 2020 neun Fahrermeisterschaften, 2016 endete das WEC-Engagement mit dem letzten Sieg im Finale in Bahrain, 2020 der Werksauftritt in der DTM mit Rasts dritter Meisterschaft. Da war längst elektrisch en vogue, wiederum mit Schützenhilfe der Kemptner Abt-Mannschaft wurde der Werkseinsatz in der Formel E eingeleitet. Lucas di Grassi wurde 2017 der vorerst letzte Weltmeister mit Audi. 2022 versuchte sich Audi mit dem futuristischen RS Q e-tron-Prototyp in der Dakar-Rallye. „Dieses Projekt wird weitergeführt. Wir wollen der erste Hersteller sein, der diesen Bewerb mit einem elektrifizierten Antrieb gewinnt“, erklärte Technikvorstand Hoffmann.
Und dann also Formel 1 … GK