Die wichtigste Position im Football

Sport / 09.02.2023 • 21:34 Uhr / 5 Minuten Lesezeit
Im Jänner diesen Jahres verabschiedete sich Tom Brady ein zweites Mal.afp
Im Jänner diesen Jahres verabschiedete sich Tom Brady ein zweites Mal.afp

Ein Versuch einer Erklärung der Komplexität des Spiels eines Quarterbacks.

Schwarzach Selbst wenn man sich nur oberflächlich mit American Football beschäftigt, bleiben einem doch öfter als nicht die großen Stars des Sports in Erinnerung. Bei denen es sich fast immer um einen Quarterback (QB) handelt. Die Omnipräsenz der Quarterbacks ist im American Football erdrückend, große Spiele werden de facto immer mit den Konterfeis der Ballverteiler beworben. Sie sind die „poster boys“ der NFL, sie sind die größten Sportstars in den USA, sie sind mit wenigen Ausnahmen die Bestverdiener ihrer Mannschaften und sie sind verdammt schwer zu bekommen. Dass in einem football-verrückten Land wie den USA mit weit über 330 Millionen Menschen gerade mal ca. zehn Quarterbacks auch tatsächlich das Potenzial haben ihre Mannschaft zu einem Titel zu führen, sagt schon sehr viel über die extrem hohen Ansprüche an die Position aus. Ein QB berührt im Regelfall bei jedem offensiven Spielzug den Ball und entscheidet in hohem Maße mit ob sein Pass oder eine Ballübergabe auf den Läufer des Teams, den Running Back, erfolgversprechender ist um möglichst viel Raumgewinn bis hin zu einem Touchdown zu erzielen. Das alles während man dem Dauerdruck der Hünen in der gegnerischen Verteidigung ausgesetzt ist.

Die Liste an Herausforderungen die einen QB bei jedem Spielzug in der NFL erwarten, hat der langjährige Head Coach, Super Bowl-Sieger und Quarterback-Guru Brian Billick in seinem Buch „The Q-Factor, die schwierige Suche nach dem nächsten großen NFL-Quarterback“ einmal trefflich zusammengefasst: „Im Chaos des Football-Spiels muss ein Quarterback . . .

. . . die gegnerische Defensive richtig lesen.

. . . den geplanten Spielzug den Team-Kollegen entsprechend ansagen oder ändern.

. . . das gesamte Feld über mindestens 270° observieren und eruieren, ob es nicht doch anderswo ein „mismatch“ in der Defense gibt, das opportuner als der ursprüngliche Plan ist.

. . . improvisieren können.

. . . sich mit seinen Beinen Zeit erkaufen können.

. . . die erste Anspielstation prüfen und gegebenenfalls bedienen.

. . . via „progression“ den zweiten oder dritten Passfänger ausfindig machen und in Szene setzen, falls dieser aussichtsreicher positioniert sind.

. . . den Ball auch endlich werfen.

. . . tunlichst keinen Fehlwurf zum Gegner („Interception“) begehen oder . . .

. . . darf nicht per Quarterback-Sack von Verteidigern zu Boden gebracht werden

. . . um das Ganze gute 40 Sekunden später erneut so durchzuexerzieren. Und das bis zu 70 Mal pro Spiel.

So durchchoreographiert Football mit den bis zu 1000 Spielzügen, die jedes Team über eine Spielzeit eintrainiert, auch erscheinen mag, das Katz-und-Maus-Spiel zwischen Offensive und Defensive beginnt mit dem ersten Spielzug und wird dann ständigen Neubewertungen unterzogen. Gute Quarterbacks setzen brav um, was ihnen Offensiv-Coaches vorsetzen, große QBs erkennen in Sekundenbruchteilen Schwächen in der Verteidigung und finden sofort das effizienteste Mittel um diese auch zu attackieren.

Der wohl „finale Akt“

Kein Wunder also, dass nur ein winziger Bruchteil der meist hoch gedrafteten College-Quarterbacks auch in der NFL reüssiert. Es zeigt aber auch wie schwierig es ist sich der Sucht des Spiels, der Position und des Erfolgs zu entziehen. Dieser Tage hat mit Tom Brady der größte und erfolgreichste Quarterback aller Zeiten (7 Titel, kein anderer QB hat mehr als 4) zum zweiten Mal binnen eines Jahres seinen Rücktritt bekannt gegeben. Vor zwölf Monaten hielt Rücktritt #1 ganze 40 Tage, es gibt nicht Wenige, die meinen, dass der Rücktritt vom Rücktritt großen Anteil daran gehabt haben dürfte, dass Bradys Ehe mit Supermodel Gisele Bündchen in die Brüche gegangen ist. So wurden dann auch Zitate wie eines aus dem Jahre 2017 wo er meinte „außer Football zu spielen ist die andere Sache, die ich liebe mich auf das Footballspielen vorzubereiten“ auf die Goldwaage gelegt. Für die meisten Beobachter dürfte die Saison 2022/23 in der Tat Bradys finaler Akt gewesen sein. Was – so nebenbei – auch schon vor zwölf Monaten der vorherrschende Konsens war.

Warum mit Kansas City-QB Patrick Mahomes Bradys legitimer Nachfolger als Bester seiner Zunft maßgeblich über den Ausgang von Super Bowl 57 entscheiden wird, das lesen sie morgen.

National Football League

Super Bowl LVII 2023

Montag, 13. Februar, 0.30 Uhr MEZ

Philadelphia Eagles – Kansas City Chiefs

Live auf DAZN, Pro Sieben oder PULS 4.

Du hast einen Tipp für die VN Redaktion? Schicke uns jetzt Hinweise und Bilder an redaktion@vn.at.