“Frechheit! Ein Witz!” – Deutscher stoppt Izzi auf dem Weg zu Gold

Sport / 01.03.2023 • 12:11 Uhr / 6 Minuten Lesezeit
Alessandro Hämmerle zeigte im Ziel an, dass er mit der Entscheidung nicht einverstanden ist.
Alessandro Hämmerle zeigte im Ziel an, dass er mit der Entscheidung nicht einverstanden ist.

Alessandro Hämmerle landet auf dem undankbaren vierten Rang. Jakob Dusek ist Weltmeister.

Lange sah alles perfekt aus für Alessandro Hämmerle. Der Olympiasieger hatte sich bei der WM in Bakuriani (Georgien) souverän bis ins Finale gekämpft und dabei trotz einer schwierigen Vorbereitung seine Ausnahmestellung im Lager der Snowboardcrosser unter Beweis gestellt.

Auch das Finale, in dem Hämmerle auf seinen Teamkollegen Jakob Dusek, den Italiener Omar Visintin und den Deutschen Martin Nörl traf, begann für den Montafoner nach Wunsch. Der 29-Jährige spielte seine Stärke am Start voll aus und setzte sich vor Nörl an die Spitze. Auf dem langen und langsamen Kurs gab es allerdings genügend Möglichkeiten zu Überholmanövern, vor allem auf der Zielgerade galt es auf der Hut zu sein – das hatten die Vorläufe gezeigt. Doch Nörl wollte nicht so lange warten und attackierte Hämmerle in einer Linkskurve. Der 29-jährige Bayer schnitt Hämmerle in die Innenbahn und drängte den Vize-Weltmeister des Jahres 2021 eiskalt von der Ideallinie ab. Doch Hämmerle gab sich noch nicht geschlagen, vor dem folgenden Sprung war er bereits wieder zurück in der Spur. Abermals war es Nörl, der dem Montafoner die Tür zuschlug und Hämmerles Board touchierte. Für den dreifachen Gesamtweltcupsieger war dies ein Kontakt zu viel, er verlor die Kontrolle über sein Board und stürzte.

Martin Nörl jubelte trotz seiner unsportlichen Einlage über die Silbermedaille.<span class="copyright"> Gepa</span>
Martin Nörl jubelte trotz seiner unsportlichen Einlage über die Silbermedaille. Gepa

Sauer über die Entscheidung

Nörl wurde auf der Ziellinie noch von Dusek abgefangen, Visintin ging als Dritter über die Linie. Einige Sekunden später schwang auch Hämmerle im Ziel ab und beklagte sofort, dass die Aktion von Nörl nicht in Ordnung gewesen sei. Dusek stand bereits als erster österreichischer Weltmeister seit Markus Schairer 2009 fest, doch die Jury sah sich die Aktion des Deutschen nochmals genau auf Video an. Nach minutenlangen Beratungen entschieden die Offiziellen, dass Nörl nicht zurückgestuft werde und somit seine Silbermedaille behalten dürfe. Hämmerle blieb damit nur der undankbare vierte Rang. “Für mich ein klassisches Inside-out-Manöver. Er touchiert leicht meine Board, mein Schwung war schon fertig. Wo soll ich denn noch hin? Mittlerweile finde ich es eine Frechheit. Es ist ein Witz, dass einmal so entschieden wird und einmal so. Mir ist beim letzten Weltcup schon das gleiche passiert, da hat mich Eguibar über den Haufen gefahren”, konnte Hämmerle die Entscheidung der Jury nicht nachvollziehen.  “Bei allen anderen Leuten hast das Gefühl, es wird ein Foul gewertet, vor allem wenn die Deutschen fahren. Mittlerweile finde ich es schon eine Frechheit, man könnte auch ein Mal durchgreifen, wenn einer von uns da fliegt”, war “Izzi”, wie der Olympiasieger genannt wird, sauer. 

Dem im Ziel einlegten Protest wurde nicht stattgegeben, ein schriftlicher wurde von ÖSV-Headcoach Thomas Greil noch nachgereicht. “Ich habe gehofft, dass es deutlicher sichtbar ist. Es war wirklich eine kleine Berührung, natürlich als Fahrer siehst du das viel klarer”, so Hämmerle. Er könne sich persönlich nichts vorwerfen.

Alessandro Hämmerles jüngerer Bruder Luca musste bereits im Achtelfinale die Segel streichen und wurde als 17. gewertet. Der Wahl-Bludenzer Julian Lüftner verpasste aufgrund eines Materialproblems die Qualifikation und musste sich mit Rang 33. abfinden.

Das nötige Glück

Durch den Titel von Dusek hält Österreich bei den Snowboard- und Ski-Freestyle-Weltmeisterschaften in Georgien nun insgesamt bei zehn Medaillen. Es ist die zweite aus Gold nach Andreas Prommeggers Sieg im Snowboard Parallel-Slalom.

Jakob Dusek holte sein erstes Edelmetall bei Weltmeisterschaften.<span class="copyright"> Gepa</span>
Jakob Dusek holte sein erstes Edelmetall bei Weltmeisterschaften. Gepa

“Ich habe es schon gewusst, dass ich gewonnen habe, als ich über die Ziellinie gefahren bin. Selber war ich in nichts verwickelt”, meinte Dusek in einer ersten Reaktion im Ziel. Er hatte sein Board zur rechten Zeit über die Ziellinie vorgeschoben und so Nörl ausgebremst und konnte die ausständige Juryentscheidung dementsprechend cool verfolgen. “Ein bisserl Glück habe ich auch gehabt im großen Finale, aber unglaublich”, freute sich der Mann aus Herzogenburg dann im ORF-TV-Interview. “Ich habe heute Spaß am Snowboarden gehabt, das ist für mich sehr wichtig. Wenns lauft, dann lauft es, oder?”

Alessandro Hämmerle (l.) mit dem Goldmedaillengewinner Jakob Dusek (Mitte). <span class="copyright">Gepa</span>
Alessandro Hämmerle (l.) mit dem Goldmedaillengewinner Jakob Dusek (Mitte). Gepa

Der Tag war ein Marathontag, nachdem von der Vorausscheidung bis zur Medaillenvergabe alles durchgefahren wurde. “Es ist für alle dasselbe, ich muss daraus machen, was kommt.” Im Rennverlauf des großen Finales habe er sich gut im Windschatten halten können. “Man hat es eh gesehen, wir waren bis zur vorletzten Kurve alle sehr knapp beieinander. Ich habe gewusst, dass unten raus auf jeden Fall noch was möglich ist. Vor zwei Jahren war es auch so.”

Den Sturz von Hämmerle habe er natürlich mitbekommen. “Das ist genau vor meinen Augen passiert, ich bin sogar ein bisserl auf sein Snowboard draufgesprungen, zum Glück nicht auf ihn selbst. Das waren glaube ich fünf Zentimeter daneben”, schilderte Dusek die dramatischen Renn-Momente. Dieses Gold bedeutet Dusek freilich sehr viel: “Mein Leben dreht sich in den letzten 15 Jahren nur ums Snowboarden. Man ist halt auch viel unterwegs, aber das zahlt sich aus.”

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