Europameister sucht Ort zur Titelverteidigung

Europameisterschaft der Radballer steht vor einer Absage. Patrick Schnetzer will sich damit nicht abfinden.
Dornbirn Es ist eine besondere Beziehung, die Patrick Schnetzer mit der Radball-Europameisterschaft verbindet. Seit 2013 hat es keine kontinentale Meisterschaft mehr gegeben, bei der der 29-Jährige nicht ganz oben auf dem Treppchen gestanden ist. Nach sechs Titeln mit Markus Bröll folgte im Vorjahr der erste mit seinem neuen Partner Stefan Feurstein. Doch heuer steht eine Titelverteidigung auf wackligen Beinen. Nicht weil Schnetzer nicht in Form wäre, sondern weil die Durchführung der EM nicht gesichert ist. Der europäische Radsportverband UEC hat bislang keinen Veranstalter gefunden, der das Turnier, das am 10. Juni geplant wäre, durchführen will. Und da der Verband das letzte Engagement vermissen ließ, hat Schnetzer selbst die Initiative übernommen. Per Facebook sucht der Wahl-Lustenauer in der Radball-Community nach einem EM-Veranstalter. Das ist ein bisschen so wie wenn im Fußball Gianluigi Donnarumma für die UEFA einen Gastgeber für die Euro 2024 suchen würde, um dort mit Italien den Titel zu verteidigen.

Gebühr ist zu hoch
Insgesamt nehmen zehn Teams an der Europameisterschaft teil, eine Wildcard geht direkt an den Gastgeber, der damit die Möglichkeit bekommt, um Medaillen zu kämpfen. Dass der Veranstalter 5000 Franken als Gebühr an die UEC überweisen muss, schreckt viele der kleinen Vereine ab. Auch der ursprüngliche Ausrichter Schiefbahn (Deutschland) legte seine Bewerbung aufgrund dieser Summe zurück.

„Wir geben uns mit einer Absage nicht zufrieden. Wir wollen, dass die EM stattfindet.“
Patrick Schnetzer
Amtierender Welt- und Europameister
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Erste Reaktionen und vorsichtige Bewerbungen hat Schnetzer nach seinem Aufruf bereits erhalten. „Wir haben schon Gespräche geführt. Aber es ist noch vieles unklar, weil wir das Turnier gerne in den Herbst verschieben würden“, sagte der Spieler des RV Dornbirn. Das würde einerseits einem potenziellen Veranstalter eine größere Vorlaufzeit ermöglichen, und andererseits den heurigen Turnierkalender entzerren. Denn erstmals findet die Hallenradsport-WM nicht im Spätherbst, sondern im Rahmen großer UCI-Titelkämpfe gemeinsam mit Straßen-, Bahn-, Mountainbike, BMX- und Paracyclingbewerben bereits im August in Glasgow statt.
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Verband in der Pflicht
Sollte auch anderen Interessenten die Veranstaltergebühr zu hoch erscheinen, überlegt Schnetzer eine Crowdfunding-Kampagne zu starten. „Das ginge sich aber wahrscheinlich nur bei einer Verschiebung in den Herbst aus, sonst ist die Vorbereitungszeit zu kurz“, sagt der achtfache Weltmeister, der sich eine Durchführung der Titelkämpfe wünscht – nicht nur um die eigene Erfolgsserie fortzuschreiben. Auch der RV Dornbirn überlegte, die EM zu übernehmen. Doch der Verein ist bereits Gastgeber des Weltcups am 24. Juni in der Messehalle. „Dort sind schon zahlreiche Freiwillige eingespannt“, beschreibt Schnetzer den großen Aufwand für solch ein Turnier. Der amtierende Europameister nimmt die UEC in die Pflicht, zukünftig mehr Engagement zu zeigen. Denn derzeit sind es vor allem die Aktiven und Vereinsfunktionäre, die sich um ihren Sport bemühen: „Wir geben uns mit einer einfachen Absage nicht zufrieden. Wir wollen, dass die EM stattfindet – für uns und für den Sport. Unter Corona haben viele Veranstaltungen gelitten und konnten nicht durchgeführt werden, umso mehr müssen wir jetzt auf unseren Sport schauen“, formuliert Schnetzer einen Appell.
Eine große Chance zu neuer Popularität bietet sich dem Hallenradsport bei der heurigen WM. Dann wird Radball als Teil der Großveranstaltung in den Fokus einer neuen Zielgruppe rücken. „Wir haben in England ein Radball-Projekt gestartet und waren im Vorjahr vor Ort. Wir erhoffen uns zusätzliche Aufmerksamkeit“, sagt Schnetzer. Dann sollten auch Europameisterschaften kein Problem mehr sein.