Weltenbummler mit Vorarlberger Wurzeln erobert die Skiwelt

Sport / 22.06.2023 • 18:30 Uhr / 6 Minuten Lesezeit
Zwei Sprünge sind bei einem Lauf im Rahmen der Pro Tour normal. <span class="copyright">Grissemann</span>
Zwei Sprünge sind bei einem Lauf im Rahmen der Pro Tour normal. Grissemann

Simon Breitfuss Kammerlander, der die US Pro Tour 2022/23 gewann, wurde von seinem aus Nenzing stammenden Vater inspiriert.

St. Leonhard/Pitztal Seine Wurzeln reichen nach Vorarlberg, doch inzwischen ist die Bindung von Simon Breitfuss Kammerlander mit dem Ländle mehr oder weniger auf seinen Vertrag mit Skiausrüster Kästle beschränkt. „Oma und Opa sind bereits verstorben“, erzählt der im Pitztal lebende Skirennläufer, der noch heute von seinem Vater Rainer Breitfuss trainiert wird. Einem Ex-Rennläufer, der vor mehr als 30 Jahren selbst auf der Pro-Tour in Japan unterwegs war. So verwundert auch nicht, dass der Filius, der u. a. auch die Studiengänge Ökologie und Sport inskribiert hatte, zu einem Weltenbummler in Sachen Skisport wurde.

Zusammen mit Papa Rainer bei Kästle in Vorarlberg. <span class="copyright">Steurer</span>
Zusammen mit Papa Rainer bei Kästle in Vorarlberg. Steurer

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Als Gesamterster der US Pro Tour bei der Siegerehrung. <span class="copyright">Paz</span>
Als Gesamterster der US Pro Tour bei der Siegerehrung. Paz

Wurzeln liegen in Nenzing

Alles begann damit, dass sein aus Nenzing stammender Vater der Liebe wegen ins Tirol zog, seinem Skisport aber mit Racing Camps weltweit frönte. Dies führte dazu, dass Simon schon als Achtjähriger erstmals bei Sommercamps in Argentinien und Chile mit dabei war. Und damals schon hörte, welch schönes Land Bolivien sei. Es sollte aber noch viel passieren, ehe der 30-Jährige erstmals als Doppelstaatsbürger bei einem Weltcuprennen am Start sein sollte. Und wie oft im Leben spielte der Zufall eine Rolle. Wie auch das nicht unproblematische Verhältnis der Familie zu österreichischen Skiverband. „Als Kind bin ich bei vielen lokalen Rennen und auch bei ÖSV-Meisterschaften mitgefahren“, erinnert er sich. Dass er jedoch allein von seinem Vater trainiert werden wollte, wurde vom ÖSV nicht gerne gesehen. „Deshalb haben sie mich nur zu FIS-Rennen geschickt, wo es praktisch keine Punkte zu gewinnen war. Deshalb war für mich das Thema Skisport mit 16 praktisch erledigt“, erzählt er. Dabei wollte der in St. Leonhard („Nur ein paar Meter von Benni Raich entfernt“) lebende Breitfuss Kammerlander sein Leben lang nur eines: „Ich habe meine ersten Skier mit drei Jahren bekommen und wollte immer Skirennläufer werden.“

Simon Breitfuss Kammerlander in Aktion. <span class="copyright">Grissemann</span>
Simon Breitfuss Kammerlander in Aktion. Grissemann

So sollte es dann kommen: Weil er als 17-Jähriger das Land der Erzählungen aus der Kindheit, Bolivien, bereisen wollte. „Ich erinnere mich gut, wie ich in La Paz bei einem Straßenfest mit Leuten ins Gespräch kam. „Dabei erzählte ich, wie mein Vater eins auf dem Chacaltaya Camps abhielt, dass ich selbst Skirennläufer bin. Dass einer der Leute vom Skiverband war, war einfach ein irrer Zufall.“ Es sollte der Anfang einer guten Zusammenarbeit sein, die sich anfangs zog und ein ungutes Ende nach sich zog, denn: Sechs Jahre sollte es dauern, ehe er die Staatsbürgerschaft und die FIS-Lizenz in Händen hielt. Daher rührt auch sein Doppelname, denn in für die bolivianische Staatsbürgerschaft braucht es den Familiennamen der Mutter und des Vater. Er selbst lebte dafür zudem drei Jahre in Bolivien, ausgenommen ein paar Trainingsstopps in Österreich. 2016 sollte er sein Weltcupdebüt feiern – mit einem Ausfall in Sölden. „Anfangs bin ich Slalom und Riesentorlauf gefahren, dann auch Super G und schließlich Abfahrt. Am Ende alles“, schmunzelt er. Etwa bei den Olympischen Spielen in Pyeongchang, wo er in den Disziplinen Ränge zwischen 32 und 47 belegte und in der Kombination ausschied. 2022 in Peking beendete er die Abfahrt auf Platz 34. Heute blickt er auch auf drei WM-Teilnahmen – St. Moritz (2017), Aare (2019) und Cortina d‘Ampezzo (2021) zurück – und auf einen noch immer nicht beendeten Streit mit dem Skiverband Boliviens. „Es geht um das Geld, das mir versprochen wurde. Ich sitze heute noch auf den Ausgaben für die Rennteilnahmen der letzten sieben Jahre. Die Sache liegt nun bei der FIS. Aber ich bin pessimistisch, weil sich niemand dafür interessiert, was mit den FIS-Geldern in Bolivien passiert.“

In den USA auf Erfolgskurs. <span class="copyright">Grissemann</span>
In den USA auf Erfolgskurs. Grissemann

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Vater Rainer Breitfuss Kammerlander ist Trainer und Servicemann in einer Person. <span class="copyright">Grissemann</span>
Vater Rainer Breitfuss Kammerlander ist Trainer und Servicemann in einer Person. Grissemann

Letzter Ausweg US Pro Tour

Seit der Saison 2019/20 lebt er seinen Skirennläufertraum bei der US Pro Tour. Der Einstieg verlief gleich perfekt mit dem Titel eines „Rookie of the Year“. Es sollten ein dritter und zweiter Gesamtrang folgen – und in der abgelaufenen Saison dann der Gesamtsieg. „Ohne Einzelsieg, aber konstant auf dem Stockerl“, erzählt er – und schmunzelt angesichts der Prämie von 5000 Dollar erneut. Denn so ist er vor allem auf Sponsoren, seinen Vater als Trainer und Servicemann und auf Ausrüster Kästle angewiesen. Womit sich der Kreis schließt: Alles begann in Vorarlberg. An Bolivien erinnert nur noch der Rechtsstreit und der traurige Gedanke, dass der Chacaltaya-Gletscher von der Klimaerwärmung „gefressen“ wurde. Den Klimawandel bekommt auch er im Pitztal zu spüren. „Ich erinnere mich an die lange Gletscherzunge, heute ist sie drei, vier Kilometer weiter oben.“

Bereit für die nächste Saison: Simon Breitfuss Kammerlander. <span class="copyright">Steurer</span>
Bereit für die nächste Saison: Simon Breitfuss Kammerlander. Steurer