Wimbledon kriegt sein Traumfinale

Im Showdown trifft Platzhirsch Novak Djokovic auf den Weltranglisten-Ersten Carlos Alcaraz.
London Das Traumfinale von Wimbledon ist perfekt: Der amtierende „König“ Novak Djokovic muss am Sonntag den Angriff des „Kronprinzen“ Carlos Alcaraz abwehren. Während der 36 Jahre alte Serbe um seinen vierten Titel in Serie und seinen achten insgesamt auf dem heiligen Rasen im All England Club in London SW 19 spielt, hat der 16 Jahre jüngere Spanier erstmals die Chance, den Gentlemen‘s Cup zu gewinnen.
Debütant
Als Erster zog am völlig verregneten Freitag unter dem Dach des Centre Courts der Weltranglistenzweite Djokovic in das Endspiel ein, er besiegte Jannik Sinner aus Südtirol 6:3, 6:4, 7:6 (7:4). Der Weltranglistenerste Alcaraz folgte ihm im Schnelldurchlauf: In nur 1:49 Stunden überrannte er Daniil Medwedew, immerhin die Nummer drei der Weltrangliste, 6:3, 6:3, 6:3, eine vom Publikum begeistert bejubelte Machtdemonstration.
Alcaraz kam im Verlauf des Turniers auf Rasen immer besser zurecht und lieferte gegen Medwedew eine überzeugende Leistung ab. Der Spanier bereitete seinem Kontrahenten vor allem mit dem Aufschlag lange Zeit Probleme, auch weil Medwedew in einer äußerst tiefen Returnposition agierte. Erst im dritten Satz gelang es dem Russen, Alcaraz leicht in die Bredouille zu bringen. Den zwei Breaks des Weltranglisten-Dritten standen allerdings drei verlorene Aufschlagspiele gegenüber. Nach 1:50 Stunden verwertete Alcaraz seinen ersten Matchball.
„Es ist ein Traum, hier ein Finale spielen zu können, ich kann es nicht glauben“, sagte US-Open-Sieger Alcaraz, der am Sonntag (15 Uhr) sein erstes Endspiel in Wimbledon bestreitet – als dritter Spanier nach Manuel Orantes (Sieger 1966) und Rafael Nadal (Sieger 2008 und 2010). „Es wird schwierig werden“, sagte er mit einem Schmunzeln, „aber es ist ein Finale, und es ist keine Zeit, um Angst zu haben. Ich werde kämpfen, ich werde weiter träumen.“
Seriensieger
Für Djokovic ist es das 35. Endspiel bei einem Grand Slam, eines mehr als für die legendäre Chris Evert, und damit Rekord. Das Halbfinale, sagte er, sei jedoch nicht so einseitig gewesen, wie es sein Sieg in drei Sätzen vermuten ließe. „Das Resultat spiegelt die Realität nicht wider, es war super-eng“, sagte er. Djokovic siegte dennoch glatt in 2:46 Stunden, weil sein Gegner bei den Big Points zu häufig „unforced errors“ beging.
Djokovic legte in seinem 46. Grand-Slam-Halbfinale bei sichtbar rutschigem Untergrund auf dem Centre Court fulminant los und heimste ein frühes Break ein. Dieses war am Ende auch für den ersten Satzgewinn entscheidend. Der zweite Durchgang gestaltete sich ähnlich, dem Serben gelang abermals ein frühes Break. In der Folge agierte er mit all seiner Routine und verbuchte stets die wichtigen Punkte, während Sinner in den entscheidenden Momenten die nötige Effizienz vermissen ließ. Im dritten Satz wehrte Sinner beim Stand von 1:1 und 0:40 drei Breakbälle ab und schaffte fünf Punkte in Folge. Bei 5:4 erarbeitete sich Sinner zwei Break- bzw. Satzbälle, die er allerdings mit zu hohem Risiko liegenließ. Die Entscheidung fiel daher im Tiebreak, den Djokovic nach 1:3-Rückstand mit 7:4 gewann.
Von wegen alter Mann
Sinner fasste das Match gut zusammen. „Ich hatte einige Chancen, die ich nicht nutzen konnte“, Djokovic dagegen „war in den Drucksituationen sehr gut, hat keine Fehler gemacht“. Der „Djoker“ jedenfalls zeigte erneut der nachkommenden Generation, wer noch immer der Chef ist. „Ich habe das Gefühl, dass 36 das neue 26 ist“, erklärte er nach dem Match. Seine letzte Niederlage in Wimbledon kassierte er 2017 im Viertelfinale (Aufgabe gegen Tomas Berdych). Mit einem weiteren Titel würde Djokovic mit Wimbledon-Rekordhalter Roger Federer (8) gleichziehen. Wie Federer und Björn Borg könnte er zum fünften Mal in Serie siegen.
„Es wird schwierig werden. Aber es ist ein Finale, und keine Zeit, um Angst zu haben.“
