„Der Neustart ist geglückt“

Sport / 18.09.2023 • 20:58 Uhr / 6 Minuten Lesezeit
AlphaTauri-CEO Peter Bayer (r.) mit Fritz Enzinger vom VW-Konzern.Kuntschik
AlphaTauri-CEO Peter Bayer (r.) mit Fritz Enzinger vom VW-Konzern.Kuntschik

Der Bregenzerwälder zieht eine erste Bilanz und erzählt, wie das Team 2024 durchstarten wird.

Singapur Die 100 Tage „Schonfrist“, die Politiker meist zugestanden bekommen, sind in der Formel 1 kaum realistisch. Noch bevor der ehemalige FIA-Generalsekretär für Sport, Peter Bayer, die ersten 100 Tage als CEO der Scuderia AlphaTauri absolviert haben wird, stand der 52-jährige Vorarlberger den „VN“ im Fahrerlager des Marina Bay Circuit für Fragen zur Gegenwart und Zukunft des zweiten Red-Bull-Teams zu Verfügung.

Wie haben Sie sich im Team eingelebt? Wie war der „Seitenwechsel“ vom Regulator zum Wettkampfteilnehmer?

Bayer Es wurde mir sehr leicht gemacht, weil mir Franz (Anm. d. Red.: Langzeit-Teamchef Tost) Tür und Tor geöffnet und mich zu allen Terminen mitgenommen hat. Ich sitze sogar bei ihm im Büro. (Schmunzelt) Wir leben quasi in Symbiose, und ich versuche, ihm nicht auf die Nerven zu gehen. Zusätzlich haben wir eine großartige Unterstützung aus der Salzburger Red-Bull-Zentrale von Oliver Mintzlaff, seinem Team, den Anteilseignern und natürlich auch von Red Bull Racing in England.

Wie wird es weitergehen?

Bayer Wir haben schon in kurzer Zeit sehr viel weitergebracht. Mein Fokus liegt ja klar auf 2024, da hatte ich freie Hand zur Vorbereitung. Neben dem technischen Update, das hier in Singapur gemacht wurde, haben wir Zeit für Teamentwicklung, Teamidentität, neues Logo usw. aufgewendet. Der Start ist für mich geglückt.

Die Bestätigung der Anteilseigner Mateschitz jun. und Yoovidhya, dass das Team nicht zum Verkauf steht, wird wohl auch kalmierende Wirkung gehabt haben . . .

Bayer Die war enorm wichtig in der Phase der Konsolidierung, vor allem für die nervös gewesenen Mitarbeiter. Dieses Bekenntnis war sehr bedeutungsvoll. Wir sind vollwertiger Teil der Familie.

Ist für 2024 eine Budgeterhöhung samt Mitarbeiteraufstockung geplant bzw. möglich?

Bayer Die großen Teams müssen sparen, um unter der Budgetgrenze zu bleiben. Da haben wir sozusagen den Vorteil, noch Spielraum zu haben, weil wir schlankere Strukturen haben. Es ist schon daran gedacht, neue Mitarbeiter in der Technik zu holen, vor allem in den Bereichen Aerodynamik, Vehicle Performance und Strategie. Der Schwerpunkt wird wohl in England liegen, dort sind einfach die meisten Topleute mit F1-Know-how. Da wird sicher investiert. Wir wollen das Budget über drei Wege erhöhen: über Red Bull als Mutterkonzern, über das Preisgeld, wenn wir uns heuer noch besser positionieren können, und natürlich über neue Sponsoren.

Wo wird die Budgetobergrenze 2024 liegen?

Bayer Nach heuer 138 Millionen Dollar rechne ich mit einer deutlichen Anhebung aus Inflationsgründen, also auf klar über 140 Millionen gemäß internationaler Inflationsprognosen.

Kann sich der von Ferrari zu AlphaTauri gewechselte Sportdirektor Laurent Mekies schon einbringen?

Bayer Nein, er beginnt mit Jänner 2024. Wir werden ein sehr offenes Verhältnis haben und wollen einen neuen Stil pflegen.

Wie wird AlphaTauri ab 2024 heißen?

Bayer Ich kann derzeit nur so viel verraten, dass wir uns deutlich an die Muttermarke Red Bull anlehnen werden. Neuer Name und neues Logo stehen fest. Die Bekanntgabe ist in Planung. Ich muss dazu klarstellen, dass AlphaTauri als Modemarke bestehen bleibt, aber ihr weiteres Engagement in der Formel 1 ist noch in Abklärung.

Ist an den Gerüchten einer Verbindung zur Modemarke Hugo Boss etwas dran?

Bayer Hugo Boss gab ja bekannt, dass man sich mehr in die Formel 1 einbringen will. Daraufhin haben mehrere Teams dort angeklopft, nicht nur Aston Martin und wir. Mit unserem kommunizierten Neustart haben sich für uns viele Türen aufgetan. Wir sind da sehr optimistisch, einige neue Partner zu haben. Bei aller Vorsicht: Die wirtschaftlichen Vorzeichen sind gut.

Zu den Fahrern. Liam Lawson, der abrupt zum Renndebüt kam, hat sich wohl gut geschlagen. Wie steht es um Daniel Ricciardo, Yuki Tsunoda und den F2-Nachwuchs?

Bayer Ich kann bestätigen, dass Liam einen Superjob macht. Er arbeitet hervorragend mit den Ingenieuren zusammen. Er soll die Super Formula in Japan beenden, in der er derzeit Zweiter ist. Wir hoffen, dass Daniel für Katar Anfang Oktober wieder einsatzbereit ist, spätestens in Austin. Da bin ich vorsichtig optimistisch. Für 2024 haben wir eine klare Idee, die Entscheidung fällt in den nächsten Tagen. In Mexiko wird F2-Fahrer Isack Hadjar das erste freie Training bestreiten. Er wäre auch unser Ersatzmann in Mexiko, weil Liam da in Japan fährt. Außerdem wird nach dem Problem von Monza wohl der Motor bei Yuki vor diesem Rennen getauscht.

Peter Bayer im Kreise seiner Familie mit Isabelle sowie Fernando und Marlon.Noger
Peter Bayer im Kreise seiner Familie mit Isabelle sowie Fernando und Marlon.Noger