Deshalb ist Carlos Sainz der Mann der Stunde

Red-Bull-Zögling durchbrach in Singapur die Siegesserie von Verstappen und Pérez – und ist in Japan plötzlich Mitfavorit.
Suzuka Der Mann, der auf dem schwierigen Marina-Bay-Kurs von Singapur die Siegesserie von Red Bull durchbrach, ist ausgerechnet ein Ex-Red-Bull-Junior, der wie viele andere irgendwann von Red Bulls Motorsport-„Berater“ Helmut Marko aussortiert wurde. Und nun ist Carlos Sainz, kürzlich 29 geworden, der Mann der Stunde und ein augenscheinlicher Mitfavorit für den Grand Prix von Japan am Sonntag in Suzuka. Auf einer zu Singapur völlig konträren Powerstrecke mit vielen schnellen Kurven.
„Ich könnte nicht sagen, ob heuer noch eine Strecke kommt, die uns wie Singapur oder Monza derart gut passt. Wir hatten in Singapur sicher nicht das schnellste Auto, gewannen aber trotzdem. Das spricht für die Teamarbeit.“
Carlos Sainz, Formel-1-Pilot

Sainz wurde 2010 ins Red-Bull-Nachwuchsprogramm aufgenommen – woran Vater Carlos Sainz sen., der Rallye-Weltmeister und Dakar-Sieger, nicht unbeteiligt war. Der Meistertitel in der Nordeuropa-Formel Renault 2011 war das erste Rufzeichen. In der Formel 3 und der GP3 gelangen ihm keine herausragenden Erfolge, ehe er im zweiten Jahr Meister der Formel Renault 3,5 wurde und Testfahrer für Toro Rosso war. Für Red Bulls zweites F1-Team debütierte er 2015 genauso wie der drei Jahre jüngere Max Verstappen. Während der Niederländer schon im Mai 2016 mit Daniil Kwjat die Cockpits tauschte und zur Red Bull Racing hochgezogen wurde (mit Auftaktsieg in Barcelona!), blieb Sainz bis 2017 bei STR. Ausgerechnet nach seiner besten Platzierung für Toro Rosso, Platz vier in Singapur (!) 2017, wechselte der Madrilene zu Renault. Es dauerte aber bis zum Wechsel zu McLaren (2019) und dem brasilianischen GP, ehe Sainz als Dritter sein erstes F1-Podium erklomm. 2021 schließlich erhielt er bei Ferrari einen Zweijahresvertrag und schloss diese und die nächste Saison jeweils als WM-Fünfter ab. 2022 holte er in Silverstone seinen ersten Sieg, dem nun in Singapur der zweite folgte. Womit er im Augenblick seinenTeamkollegen Charles Leclerc (beide sind bis 2024 unter Vertrag) als Darling des Teams und der Tifosi aussticht.

Auf die Euphoriebremse
Vor Euphorie bei Ferrari warnt Sainz aber trotz seiner starken Leistung in Singapur, wo er immerhin Lando Norris (McLaren) und beide Mercedes geschickt auf Distanz halten konnte: „Es hat sich seit Saisonbeginn am SF 23 nichts Gravierendes geändert, der Wagen reagiert manchmal noch immer unerwartet. Auf manchen Strecken ist er ganz schwierig zu fahren. Wir suchen noch immer die beste Lösung, haben sie aber bisher nicht gefunden.“ Das Team habe in Singapur fehlerlos gearbeitet, bestätigte Sainz, „aber das gelang nicht immer. Und ich könnte nicht sagen, ob heuer noch eine Strecke kommt, die uns wie Singapur oder Monza derart gut passt. Wir hatten in Singapur sicher nicht das schnellste Auto, gewannen aber trotzdem. Das spricht für die Teamarbeit“, meinte er bescheiden.

Einmaliger Ausrutscher oder plötzliches Tief von Red Bull und damit Trendwende? Das fragen sich alle im Fahrerlager. Und Ex-Champion Lewis Hamilton orakelt: „Wenn Red Bull im Rennen nicht 30 Sekunden vor allen anderen ins Ziel kommt, dann ist wirklich etwas passiert. Aber der RB 19 sollte auf dieser Strecke wieder phänomenal sein.“ So sieht es auch Sergio Pérez, der Wiedergutmachung für den mäßigen achten Rang von Singapur anstrebt: „Suzuka sollte eine der besten Strecken für unser Auto sein.“ Denn auf dem Kurs, der Honda gehört, ist viel Abtrieb in schnellen Kurven gefragt – was der RB 19 bisher eindrucksvoll beherrschte. GK