Wohnen und arbeiten in einem Schlösschen

Immo / 22.09.2023 • 09:53 Uhr / 7 Minuten Lesezeit

Das Tschitscher-Schlössle und die Margarethenkapelle in Feldkirch wurden sorgsam revitalisiert.

Text: Verena Konrad | Fotos: Paul Ott, Stefan Marte

feldkirch Auf einem Felsvorsprung über der Schlucht zum Margarethenkapf in Feldkirch thront ein historisches Ensemble: die Margarethenkapelle und das sogenannte „Tschitscher Schlössle“. Sorgsam restauriert von Marte.Marte Architekten steht es nun bereit für eine neue Nutzung.

Historisches Ensemble in atemberaubender Landschaft: eine Gruppe von Bauten am Blasenberg in Feldkirch.

Der Blasenberg in Feldkirch beherbergt ein bezauberndes Ensemble: das Tschitscher-Schlössle und die Margarethenkapelle. Benannt sind sie nach Besitzerfamilie und Ort, nach den „Tschitschers“ und dem Margarethenkapf. Das Tschitscher-Schlössle geht auf das 15. Jahrhundert zurück, es wurde mehrfach umgebaut und erneuert, unter anderem zur Zeit von Paul Tschitscher, dem bekannten Spross der Familie, seines Zeichens Hubmeister, heute würde man sagen oberster Finanzbeamter. Seine heutige Form erhielt es unter Josef Andreas Ritter von Tschavoll im 19. Jahrhundert.

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Tag des Denkmals: Zum Tag des Denkmals ist eine der spektakulärsten und schönsten Sanierungen historischer Bausubstanz abgeschlossen und zugänglich.

Als Bernhard und Stefan Marte den Ansitz 2004 erwarben, stand er schon viele Jahre leer. Zuletzt ebenso im Privatbesitz und von Umbauten aus den 1970er-Jahren betroffen, schlief er einen langen Dornröschenschlaf. Neue Nutzungen für ein Schlössle und eine Kapelle sind nicht leicht zu finden. Die Restaurierung ist teuer, das Raumangebot reizvoll, aber klein, die Erreichbarkeit ungünstig. Es brauchte wohl ein Brüderpaar mit einem Faible für Burgen und Schlösser, mit Kenntnis über die Sanierung von Altbestand, mit Zeit und Investitionsbereitschaft, um das zu ermöglichen, was nun gelungen ist. In Feldkirch freut man sich jedenfalls, dass durch eine Privatinitiative eines der bedeutsamsten Ensembles der Stadt erhalten werden konnte.

Sensibel und sorgsam: Von den Außenanlagen bis hin zur Putzfassade wurde der Ansitz wieder in Stand gesetzt und nutzbar gemacht.

Auch Bernhard und Stefan Marte durchdachten mehrere Nutzungsvarianten. Vor wenigen Jahren noch war geplant, das Architekturbüro Marte.Marte Architekten dorthin zu verlegen. Das elterliche Haus in Weiler war zu eng geworden für das expandierende Büro und der Wunsch, wieder in einem Altbestand zu arbeiten, war groß. Aus diesem Plan wurde vorerst nichts, denn das Büro, das heute zu den erfolgreichsten und bekanntesten Architekturbüros in Vorarlberg gehört, wuchs weiter. Der neue Standort wurde mit der Alten Dogana in Feldkirch gewählt, ein ebenso geschichtsträchtiges Gebäude am Fuße der Schattenburg. Das Tschitscher-Schlössle setzte seinen Dornröschenschlaf noch eine Weile fort. 2023 ist es so weit: Die Sanierungen sind abgeschlossen, pünktlich zum Tag des Denkmals am 24. September und zum 30-jährigen Bestehen des Büros.

Wohnen und arbeiten in einem Schlösschen
Detail von der Außenfassade.

Der Weg dorthin war steinig und das nicht nur im eigentlichen Sinn. So musste der Bagger für die Umbauarbeiten mit einem Kran auf den Berg gehoben werden. Auch sonst wurde kein Aufwand gescheut: Bei der Konservierung der Putzflächen, der Dachsanierung, der Rekonstruktion der Fenster oder der Neuanlage der Außenanlagen, die für das Ensemble und seine Wirkung besonders wichtig sind.

Wohnen und arbeiten in einem Schlösschen
Wenige zeitgenössische Eingriffe waren erlaubt. Dazu gehören weite Fensteröffnungen, die nicht nur Licht und Landschaft nach innen tragen, sondern auch von außen markant wahrnehmbar sind.

Der Wohnturm wurde in Zusammenarbeit mit dem Denkmalamt sorgsam und aufwändig von alten Einbauten befreit. Die Originalität wurde geschützt, Deckenbalken etwa, und fehlende Elemente in mit Holzbrettern geschaltem Beton nachgebaut.

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Skulptural: ein monumentales Stiegenhaus aus Stahl.

Die Etagen sind quadratisch anmutende Räume, verbunden durch ein monumentales Stahlelement, ein eingesetztes Treppenhaus mit skulpturaler Wirkung. Ein Block aus Holz liefert Infrastruktur in jedem Stockwerk. Die Raumwirkung ist bestimmt von der Materialität der einzelnen Elemente und der handwerklichen Präzision ihrer Umsetzung. Eine perfekte Symbiose aus den Expertisen von damals und heute.

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Motivtreue bei den gestaltenden Elementen: Abstufungen statt Dachschräge.

Die Margarethenkapelle wird nicht mehr geweiht sein, aber ein Ort der Kontemplation bleiben. Die Glasfenster des Vorarlberger Künstlers Martin Häusle sind ein wichtiger Bestandteil und Grundlage für den Entwurf weiterer Fensterelemente. Im Inneren erstrahlt am Boden nun weißer Marmor aus Griechenland, wohl der hellste, den es gibt. Er schafft eine Atmosphäre des Losgelöst-Seins, offen für das konzentriert-beschauliche Nachdenken.

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Neues Arbeiten in alten Räumen: Hier wird in Zukunft zeitgenössische Architektur entworfen.

Nun wird der Ansitz wieder belebt sein. Ein Teil des Büros wird hier arbeiten, darunter punktuell auch Stefan und Bernhard Marte, die ihre Entwürfe zusammen entwickeln und sich auf einen Raum der Konzentration freuen. Ein Schaulager mit den Objekten der Ausstellungen zur Biennale in Venedig oder in der Architekturgalerie Aedes in Berlin gibt Einblick in die Projekte des Büros. Auch Gäste werden hier ab und an einen guten Ort finden, um von hier aus Feldkirch und Vorarlberg kennenzulernen.

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In jedem Stock gibt es ein zentrales Möbel, mit Infrastruktur für Leben und Arbeiten.

daten und fakten

Objekt: Tschitscher-Schlössle, Feldkirch

Bauherr: Marte Immobilien KG

Architektur: Marte.Marte Architekten, Feldkirch, www.marte-marte.com

Statik: M+G Ingenieure, Feldkirch, www.m-g.at

Fachplanung: Bauphysik: Hafner|Weithas, Lauterach; Bauhistorische Untersuchung: Raimund Rhomberg, Dornbirn

Planung: 01/2021–11/2021

Ausführung: 09/2021–09/2023

Grundstück: 1070 m²

Nutzfläche: 320 m²

Bauweise: Naturstein; Kalkputz; Beton-Holzdecken; Kastenfenster, Möblierung: Kastanie; Treppen: Schwarzstahl; Betonböden poliert; Kapelle: Bleiglasfenster

Ausführung: Baumeister: Wilhelm+Mayer, Götzis; Zimmerer: Marte, Rankweil; Fenster: Bischof Manfred, Thüringerberg; Innenausbau: Rene Bechtold, Weiler; Böden: Höfle, Götzis; Maler: Heinrich Hosp, Weiler; Naturstein: Thomas Wachter, Hard; Textil: Thomas Bechtold, Muntlix; Bleiglas: Alexander Schwarz, Rattenberg; Dach: Jürgen Entner, Rankweil; Schlosser: M+S, Röthis; Möbel: Lenz-Nenning, Dornbirn; u.a.

Fotonachweis: S. 7 Nr. 6,7: Stefan Marte; alle übrigen: Paul Ott

Eine Baukulturgeschichte von vai Vorarlberger Architektur Institut.

Das vai ist die Plattform für Architektur, Raum und Gestaltung in Vorarlberg. Neben Ausstellungen und Veranstaltungen bietet das vai monatlich öffentliche Führungen zu privaten, kommunalen und gewerblichen Bauten. Mehr unter Architektur vor Ort auf www.v-a-i.at. Mit freundlicher Unterstützung von der Bundeskammer der ZiviltechnikerInnen

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