Ein Abwatschen der Tatortisierung der Kultur

Weitere Vorstellungen von “Tatort Tatort” sind bis 22. März im Schauspielhaus Zürich geplant. Schauspielhaus/Dorendorf
In seiner jüngsten Groteske nimmt der bekannte Theatermacher Herbert Fritsch am Schauspielhaus Zürich den Krimi-Kult auf die Schippe.
Zürich Bei ihm herrscht die Lust am sinnbefreiten Lachen, an der enthemmten Bewegung, am überdrehten Wortwitz. Aber natürlich ist der inzwischen 68-jährige Blödelvirtuose Herbert Fritsch auch einer, der sich vom Zeitgeist genervt fühlt. Jetzt hat der deutsche Theaterregisseur den Krimi-Kult auf die Schippe genommen. Und eigentlich watscht der Abend mit dem wunderbaren Titel „Totart Tatort“ die „Tatortisierung“ der Kultur überhaupt ab. Es ist eine Bühnengroteske zum Thema der auf die Einschaltquote schielenden Serienbauweise aus Fertigteilchen und Klischees. Und durchaus auch eine lustvolle Montage von Stereotypien aus dem Kriminalfilmgenre von anno damals bis heute.
Opernhafte Posen
Fritsch hat seine Vorlagen in opernhafte Posen und wiederholungsselige Dialog-Versatzstücke überführt, in Gruppenchoreografien und Slapstick-Nummern. Die Hand eines Würgers ragt ins Lichtfenster eines perspektivisch sich verjüngenden Bühnenschachts, der für mannigfache Spiegelungen sorgt. Nach vollendetem Mord schleppt der „Tatort“-erprobte Wolfram Koch noch viele weitere Körper nach vorne, wobei ihm immer wieder der Humphrey-Bogart-Hut vom Kopf rutscht. Ein durch den Raum sich schlängelnder Onestep des spielfreudigen, von Victoria Behr einfallsreich kostümierten zehnköpfigen Ensembles gerät zur „Danse macabre“. Der Film noir wird herbeizitiert und ein Ballett mit Hüten zelebriert. Blaue Latexhandschuhe, rote Pistolen und die von Mordkommissaren notorisch geliebten Pfeifen à la Maigret kommen zu Ehren. In Plastikmäntel gehüllt, bewegen sich die Schauspieler einzeln an die Rampe und geben jeweils eine Spritzennummer zum Besten.
„Aber ich habe mit seinem Tod nichts zu tun.“ – „Wo waren Sie gestern Nacht?“ – „So kommen wir nicht weiter.“ Fritsch liebt es, seine Versatzstücke seriell zu reihen. Das wird mitunter zu einem dramaturgischen Problem, wenn man vorausahnt, dass das Ensemble diesen und jenen Einfall wiederum in Variationen ausführlich durchdekliniert. Viel Gelungenes wird geboten. Die Inspiration ist indessen nicht ganz immer gleichermaßen dicht geraten. Zum Höhepunkt gerät die dadaistische Performance von Kletterkünstler Claudius Körber, der den Gruselmörder par excellence gibt. Der für die Musik verantwortliche Ingo Günther legt einen perfekt passenden Soundtrack unter den Abend. TB