Schlaganfall ist die zweithäufigste Todesursache

Gesund / 23.09.2019 • 17:15 Uhr / 7 Minuten Lesezeit
Schlaganfall ist die zweithäufigste Todesursache
Das Interesse am Vortrag von Primar Philipp Werner war enorm. FOTO: VN/SAMS

Bei verdächtigen Symptomen heißt es sofort handeln.

Feldkirch Plötzlich: Dieser Begriff ist im Wortschatz von Primar Philipp Werner allgegenwärtig, bezeichnet er doch genau das Wesen eines Schlaganfalls. Auch bei seinem Vortrag im vollbesetzten Panoramasaal des Landeskrankenhauses Feldkirch betonte der Neurologe diesen Umstand immer wieder. „Treten Lähmungserscheinungen, Sprach-, Seh- und Gangstörungen plötzlich auf, steckt zu 80 Prozent ein Schlaganfall dahinter“, fasste Werner zusammen. Dann muss schnell gehandelt werden, denn die Zeit kann über Leben und Tod entscheiden. Seine dringliche Vorsorgeempfehlung an die Zuhörer: „Überprüfen Sie an sich, ob Sie ein Schlaganfall-Kandidat sind.“ Der Hinweis hat einen dramatischen Hintergrund. Jeder Vierte erleidet einmal in seinem Leben einen Schlaganfall. „Eine hammermäßige Zahl“, verdeutlichte Philipp Werner, der auch die Stroke Unit im LKH Feldkirch leitet.

Wichtige Prävention

In Vorarlberg gibt es jährlich rund 1100 Betroffene. Viele, die überleben, sind aufgrund körperlicher Ausfallserscheinungen oder eingeschränkter Mobilität auf Hilfe angewiesen. Der Schlaganfall ist die häufigste Ursache für eine Behinderung. Die demografische Entwicklung wird die Problematik noch verschärfen. Daran ändern laut Philipp Werner auch die guten Behandlungsmöglichkeiten nichts. Umso wichtiger sei die Primärprävention, also die Aufklärung zur Vermeidung von Schlaganfällen. Er appellierte an das MedKonkret-Publikum, sein Wissen um die richtige Reaktion im Fall des Falles unbedingt weiterzugeben. Er warnte außerdem davor, ein „Schlägle“ oder „Streiferle“ als Bagatelle abzutun. „Auch das sind Schlaganfälle.“ Vor allem erhöhen sie das Risiko für einen großen Schlaganfall gleich um das Zehnfache.

Beim Schlaganfall kommt es zu einer Minderdurchblutung eines Hirnareals, ausgelöst durch ein verstopftes Gefäß. Die mit 85 Prozent häufigste Form ist der Hirninfarkt. Die Hauptursache sind Gefäßerkrankungen. Die Botschaft des Arztes dazu: „Es gibt kein Calgonit für Menschen, deshalb wäre es ratsam, mit 50 einmal die Blutgefäße anschauen zu lassen.“ Andere Risikofaktoren sind ebenfalls beeinflussbar. Dazu gehören Bluthochdruck, Rauchen, Alkohol, Übergewicht, Bewegungsmangel und schlechte Ernährung. Auf Alter, Geschlecht und Vererbung kann hingegen nicht eingewirkt werden.

Die Zeit als Faktor

Die wichtigste Rolle beim Schlaganfall spielt die Zeit, und die ist begrenzt. Verstreichen mehr als viereinhalb Stunden, sind die Chancen auf eine wirksame Therapie nur noch gering. „Wir brauchen möglichst gute Angaben dazu, wann der Schlaganfall passiert ist“, verdeutlichte Philipp Werner. Lässt sich kein genauer Zeitpunkt nennen, muss der Patient in die Röhre. Mittels MRT-Aufnahmen kann das Zeitfenster schnell eingegrenzt werden. An Behandlungsmöglichkeiten stehen die Thrombolyse, die Auflösung des Gerinnsels mittels Medikamenten, sowie neu die Thrombektomie zur Verfügung. Dabei wird das Blutgerinnsel mittels Katheter herausgeholt. Die Methode kommt jedoch nur bei zehn Prozent der Schlaganfallpatienten infrage. Bislang wurden im LKH Feldkirch 60 auf diese Weise therapiert. Im Anschluss an die stationäre Behandlung geht es in die Rehabilitation, die in weiterer Folge auch ambulant durchgeführt werden kann.

Primar Philipp Werner erläuterte den Besuchern auch noch den sogenannten FAST-Test. Damit kann innerhalb kürzester Zeit der Verdacht auf einen Schlaganfall verifiziert werden. FAST steht als Abkürzung für Face (Gesicht), Arms (Arme), Speech (Sprache) und Time (Zeit).

O Face: Bitten Sie die Person, zu lächeln. Hängt ein Mundwinkel herab, deutet das auf eine Halbseitenlähmung hin.

O Arms: Bitten Sie die Person, die Arme nach vorne zu strecken und dabei die Handflächen nach oben zu drehen. Bei einer Lähmung können nicht beide Arme gehoben werden, ein Arm sinkt oder dreht sich.

O Speech: Lassen Sie die Person einen einfachen Satz nachsprechen. Ist sie dazu nicht in der Lage oder klingt die Stimme verwaschen, liegt vermutlich eine Sprachstörung vor.

O Time: Zögern Sie nicht, wählen Sie unverzüglich die 144, und schildern Sie die Symptome.

Fragen aus dem Publikum

Was lässt sich gegen das Cadasil-Syndrom machen?

Werner Beim Cadasil-Syndrom handelt es sich um eine sehr seltene Form des Schlaganfalls. Wir wissen nur, woher es kommt und dass ein Gendefekt dahintersteckt, der auch vererbt werden kann. Leider ist dieser Schlaganfall nur sehr schwer zu behandeln.

Wie soll die Ernährung sein, um einem Schlaganfall vorzubeugen?

Werner Fettreiche Speisen sollten nach Möglichkeit vermieden werden. Gemüse, Obst und wenig Fleisch sind ideal. Natürlich darf man sich hin und wieder etwas Deftigeres gönnen, aber es sollte die Ausnahme bleiben. Eine cholesterinarme Ernährung bringt übrigens nicht viel, da das Cholesterin nur zu 20 Prozent über die Nahrung beeinflusst werden kann.

Was kann man sich nach einem Schlaganfall körperlich noch zumuten?

Werner Wichtig ist, nicht zu viel Angst zu haben. In den ersten drei Monaten sollten die Patienten etwas vorsichtig sein, wenn sie wieder fit sind, sollen sie alles tun, was geht.

Ich muss Cholesterinsenker nehmen, die mir jedoch große Probleme bereiten. Es gibt ein neues Medikament, das besser sein soll, aber sehr teuer ist. Kann ich das auch bekommen?

Werner Sie haben recht, es gibt hochmoderne Cholesterinsenker, die gespritzt werden. Weil sie sehr viel kosten, werden sie erst verschrieben, wenn alle anderen Präparate ausprobiert wurden. Die Abgabe darf außerdem nur in Spezialambulanzen erfolgen. Im LKH Feldkirch ist es die Stoffwechselambulanz.

Nach einem Schlägle leide ich immer noch an Bluthochdruck. Wie lässt sich das ändern?

Werner Es gibt tatsächlich Patienten, deren Blutdruck schlecht einstellbar ist. Weiß ihr Hausarzt nicht mehr weiter, sollten Sie das Problem bei einem Internisten abklären lassen, denn ein hoher Blutdruck malträtiert fortwährend die Gefäße, was das Risiko für einen neuerlichen Schlaganfall oder eine Hirnblutung erhöht