Gesundheitslandesrat zieht im VN-Interview Bilanz

VN / 27.10.2019 • 17:00 Uhr / 5 Minuten Lesezeit
Gesundheitslandesrat zieht im VN-Interview Bilanz
Der scheidende Landesrat Christian Bernhard blickt, wie er sagt, “frohgemut” in die Zukunft. VN/STEURER

Christian Bernhard will sich nicht als Zwischenrufer betätigen.

Bregenz In wenigen Tagen wird Gesundheits-, Integrations- und Kulturlandesrat Christian Bernhard sein Büro im fünften Stock des Landhauses räumen. Nach knapp siebeneinhalb Jahren in der Politik spricht der Mediziner von einer sehr intensiven, aber spannenden und erlebnisreichen Zeit, die er um nichts missen möchte.

Was haben Sie als größte Herausforderung empfunden?

Bernhard: Damals gab es vor allem im Krankenhausbereich turbulente Zeiten, bedingt durch zahlreiche Kündigungen, die zu einem akuten Personalmangel führten. Mit Gehaltsreform, Turnusärzteprofil und der Schaffung eines Beirats für Ausbildungsärzte ist es gelungen, wieder in ruhiges Fahrwasser zu kommen.

Welche umgesetzten Vorhaben würden Sie als Meilensteine bezeichnen?

Bernhard: Mich freut, dass es gelungen ist, das „Hospiz am See“ zu realisieren und eine Kinderpsychiatrie nach Vorgaben des Strukturplans einzurichten, obwohl dies die Schließung der Carina als Heilpädagogisches Zentrum bedeutet hat, und wir eine funktionierende Stroke Unit haben. Weiters war mir die die Sicherstellung eines flächendeckenden Bereitschaftsdienstes für öffentlich-rechtliche Aufgaben und jetzt neu für die kurativen Dienste ein großes Anliegen. Die Umsetzung der Gesundheitshotline 1450 zählt ebenfalls zu den schönen Erfahrungen.

Was müssen Sie als unerledigt zurücklassen?

Bernhard: Nicht fertig ist die inklusive Region Vorarlberg, wo es darum geht, dass Menschen mit Behinderung ganz selbstverständlich akzeptiert werden. Das ist allerdings ein längerfristiger Prozess. Wir haben, denke ich, die Pflöcke aber so eingeschlagen, dass sich die Dinge in den kommenden Jahren wirklich verbessern werden.

Inwiefern hat sich das Gesundheitswesen verändert?

Bernhard: Mit den Fortschritten in der Medizin ist das Anspruchsdenken der Leute gestiegen. Das ist jedoch verständlich, weil mit fortschreitendem Alter erleben wir alle eines: Gesundheit ist das Wichtigste. Ich würde mir trotzdem wünschen, dass Leute auch bei sich nachdenken, was sie für ihre Gesundheit tun können, bevor sie medizinische Systeme beanspruchen.

Ist es noch legitim, in einem Land wie Vorarlberg an sechs Krankenhäusern festzuhalten?

Bernhard: Das sind historisch gewachsenen Strukturen, aber eines ist schon auch klar: Wir haben trotz zu viel Krankenhäusern nicht zu viele Betten. Wir brauchen das Angebot. Die große Herausforderung besteht darin, die Häuser bestmöglich zu bespielen.

Welche Aufgaben muss Ihre designierte Nachfolgerin vorrangig angehen?

Bernhard: Das System muss so aufgestellt werden, dass die Kosten nicht explodieren, das heißt, die Einhaltung des Kostendämpfungspfads ist wichtig. Dann gilt es, die Prävention konsequent weiterzubetreiben. Die medizinische Versorgung ist ebenfalls ein großes Thema. Wir brauchen mehr Absolventen, die den Aufnahmetest für das Medizinstudium bestehen. Die letzten Zahlen waren alles andere als zufriedenstellend. Es braucht eine kurzfristige Erhöhung der Studienplätze. Laut Ministerium passt zwar die Zahl der Studenten, meines Erachtens ist jedoch ein Puffer nötig, weil es in Zukunft mehr Teilzeitbeschäftigungen geben wird.

Alt-Politiker werden gerne zu aktuellen Themen gefragt. Wie werden Sie es damit halten?

Bernhard: Ich stehe, so es gewünscht sein sollte, der künftigen Landesrätin gerne mit Rat und Tat zur Seite, aber es wird von mir sicher keine Kommentare, Zwischenrufe oder Anmerkungen geben, weil es niemand in seinem Amt verdient, dass der Vorgänger irgendwo als Geist umherrumpelt.

Wie sieht Ihr Leben nach der Politik aus?

Bernhard: Beruflich werde ich in der Internationalen Bodenseekommission die Sektion Gesundheit und Soziales übernehmen und in mehreren Arbeitsgruppen in Wien die Stimme Vorarlbergs einbringen. Außerdem genieße ich die Aussicht auf ein bisschen Freizeit. Der größte Luxus wird sein, dass, wenn Bekannte sagen, wir würden heute Abend grillen, hast du nicht Zeit, ich endlich zusagen kann und nicht den Stehsatz bringen muss: Der nächste freie Abend ist in fünf Monaten.

Das Gesundheitsressort hat das Kulturressort stark überdeckt. Waren Sie gerne Kulturlandesrat?

Bernhard: Die Kultur ist ein wunderbares Ressort und öffnet Blicke. Ich beispielsweise bin jetzt ein Fan des Musiktheaters und der modernen Lyrik. Ich bin viel kultureller, als die Leute glauben.

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