Tiroler Verzweiflungstaten
Nicht, dass jemand derzeit verreisen wollte, ja könnte. Seit Mitternacht ist es auch faktisch unmöglich, aus Vorarlberg irgendwohin zu kommen. Die Grenzen nach Deutschland, in die Schweiz, nach Liechtenstein werden kontrolliert – Übertritt nur für Pendler und Waren. Und mit dem Tiroler Alleingang ist Vorarlberg gänzlich abgeschottet.
Schon die Quarantäne der Tiroler Seite des Arlbergs haben die Vorarlberger am vergangenen Freitag via Pressekonferenz erfahren. Und dann 45 Minuten später lediglich den Verbindungsskilift von Zürs nach St. Christoph abgestellt, es aber nicht kommuniziert. Gestern am späten Abend war das ähnlich: Bundeskanzler Sebastian Kurz wurde wie Gesundheitsminister Rudolf Anschober sehr kurzfristig informiert, auch der Vorarlberger Landeshauptmann Markus Wallner sagt, er wurde von Platter lediglich “informiert”. Kurzfristig. Nicht mehr. Koordiniertes Vorgehen? Fehlanzeige.
Es bereitet mir keine Sorgen, dass derzeit die allermeisten nicht mehr nach Tirol einreisen dürfen. Ich halte das aktuell sogar für vernünftig. Wir müssen Disziplin zeigen, zuhause zu bleiben um die Corona-Epidemie in Vorarlberg bestmöglich zu verzögern, was angesichts der zuletzt stark steigenden Vorarlberger Zahlen unwahrscheinlich genug scheint.
Was mehr und mehr Sorgen bereitet, ist die Unabgestimmtheit, mit der die Bundesländer ihr eigenes Glück suchen, einander aber im Regen stehen lassen. Jedenfalls spielt Günther Platter jetzt den harten, entschiedenen Pandemie-Eindämmer, während vor wenigen Tagen die Entscheidungen in den Viren-Drehscheiben St. Anton, St. Christoph und Ischgl viel zu zögerlich getroffen wurden. Auf die Vorarlberger Seite wurde vorige Woche ganz vergessen. Und heute Nacht erneut. Unabgestimmte Entscheidungen im einsamen Kämmerchen verunmöglichen jedes Vertrauen.
Regierungschefs in ganz Europa ordnen die Corona-Seuche als größte Herausforderung nach dem Zweiten Weltkrieg ein. Man darf die Frage stellen, ob insbesondere der Tiroler Landeshauptmann dieser Herausforderung gewachsen ist.
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