Stimmen befahlen jungem Bregenzer Mord

VN / 02.05.2020 • 14:00 Uhr / 4 Minuten Lesezeit
Stimmen befahlen jungem Bregenzer Mord
Der Tatort in der Bregenzer Mariahilfstraße. Eine 45-jährige Frau wurde in der Wohnung einer Bekannten von deren Mitbewohner attackiert. VN

24-Jähriger irrte nach Messerattacke barfuß bei Kälte am Pfänderhang umher.

Bregenz, Feldkirch Am 24. September vergangenen Jahres kam es nachts in einer Wohnung in Bregenz-Vorkloster zu einem folgenschweren Zwischenfall. Eine 66-jährige Bregenzerin hatte Besuch von ihrer 45-jährigen Bekannten. Die beiden Frauen unterhielten sich, als der 24-jährige Mitbewohner den Gast immer wieder böse ansah und aggressiv auffiel. Die Wohnungsinhaberin war wie eine Oma für den jungen Arbeitslosen, sie nahm ihn bei sich auf. Dass er seit Langem psychische Probleme hat, sollte dem nicht entgegenstehen. Plötzlich, so die Staatsanwaltschaft, zog der Mann ein Jausenmesser und stach der 45-Jährigen von hinten in den Rücken. Schmerzerfüllt flüchtete das Opfer zu einer Nachbarin. Die 66-Jährige schlug mit ihrem Gürtel gegen den Angreifer, dennoch verfolgte dieser die Frauen ins Stiegenhaus, wo er auch die Nachbarin mit dem Messer leicht verletzte. Danach ging er zurück in die Wohnung.

Eingebung zu töten

Der junge Mann tauschte sein Jausenmesser gegen ein Filetiermesser mit einer 19 Zentimeter langen Klinge und ging dann Richtung Rheinstraße. Dort war ein 48-jähriger Passant unterwegs. „Ich hatte eine Eingebung, ich solle ihn umbringen, denn er ist ein schlechter Mensch“, erklärt der psychisch Kranke bei einer Einvernahme. Obwohl das spätere Opfer das Messer sah und sofort versuchte, davonzulaufen, entkam es nicht. Und wieder setzte es mehrere wuchtige Stiche. „Bei beiden Opfern ist es nur dem Zufall zu verdanken, dass keine lebenswichtigen Organe verletzt oder der Bauchraum eröffnet wurde“, stellt der gerichtsmedizinische Gutachter fest.

Am Pfänder versteckt

Der verwirrte Mann flüchtete Richtung Pfänderbahn, wo er sich im Wald versteckte und Wanderern am nächsten Morgen unterkühlt und zitternd auffiel. Sie brachten ihn nach Hause, wo die Polizei ihn festnahm. Für Gutachter Reinhard Haller steht fest, dass aufgrund der langjährigen Erkrankung zum Tatzeitpunkt keine Zurechnungsfähigkeit vorlag. Wahnideen, Halluzinationen, Panik- und Angststimmungen sowie Verworrenheitszustände verfolgen den Bregenzer. Atomkrieg, Stunde Null, Neuanfang und Mordkomplotte versetzen ihn in Todesangst. Die Staatsanwaltschaft hat aufgrund der diagnostizierten paranoid-halluzinatorischen Schizophrenie keine Bestrafung des Betroffenen, sondern eine Einweisung in eine Anstalt für geistig abnorme Rechtsbrecher beantragt. Das Schwurgericht befasst sich dennoch mit den zwei brutalen Anlasstaten, die bei einem „Normalen“ als Mordversuch gewertet würden.

Opfer leiden

Die zwei Opfer, beide mehrfach durch Stich- und Schnitte verletzt, haben den Angriff nur schwer verkraftet. „Meine Mandantin hat Angst, alleine ins Freie zu gehen, sie ist in ständiger Psychotherapie“, erzählt Opfervertreterin Anita Einsle. Auch das männliche Opfer wurde schwer in Mitleidenschaft gezogen. OP, vier Tage Spital, über drei Wochen Krankenstand. Bei der Begutachtung des Täters zeigte sich zu einer Anstaltsunterbringung keine Alternative. Die endgültige Entscheidung liegt allerdings bei den Geschworenen, Prozesstermin gibt es noch keinen.

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