Alltag im Pflegeheim im Schatten der Coronakrise

Lokalaugenschein im St. Josefshaus in Gaißau.
Gaißau Auch der Chef legt Hand an, drückt den Türöffner, nimmt Temperaturkontrollen vor und schaut dazu, dass sich jeder Gast in die Besucherliste ein- und wieder austrägt. Philipp Graninger, der seit Anfang des Jahres das St. Josefshaus der Stiftung Liebenau in Gaißau leitet, nimmt seinem Personal gerne diese Arbeiten ab. Ihm ist wichtig, dass sich seine Mitarbeiterinnen ganz und gar auf die Betreuung der 44 Bewohner kümmern können. In Zeiten der Coronakrise ist die noch anspruchsvoller geworden. Oberste Prämisse war und ist, das Virus nicht ins Haus zu lassen. „Wir sind dankbar, dass bisher alles so gut ablief“, zeigen sich die Wohnbereichsleiterinnen Rosaria Helfer und Ulrike Brunner erleichtert. Seit wenigen Tagen dürfen die Heimbewohner wieder Besuch von Angehörigen empfangen. Für die Heimleitung bedeutet die Lockerung eine neue Herausforderung. Es muss noch mehr Augenmerk auf den Schutz der ihr anvertrauten Senioren gelegt werden. „Am Muttertag wird es trotzdem eine kleine Feier geben“, verspricht Philipp Graninger.
Warten auf die Familie
Anita Bösch (86) ist seit dem 2. März im Josefshaus. Sie kam nach einem Schlaganfall direkt vom Landeskrankenhaus Rankweil nach Gaißau. Anita Bösch wollte von sich aus in dieses Heim. „Weil es hier noch geistliche Schwestern gibt“, erklärt sie mit einem verschmitzten Lächeln. Obwohl sie das Alleinsein aus der Zeit im Krankenhaus gewohnt war, zehrte es doch an ihren Nerven, Sohn und Enkelkinder nicht sehen zu dürfen. „Man wartet halt“, sagt Anita. Inzwischen hat das Ausharren ein Ende. Sohn und Enkeltochter statteten ihr bereits einen Besuch ab. „Es war so schön.“ Die Freude über das Wiedersehen wirkt immer noch nach. Dass der Muttertag in diesem Jahr ein Schmalspurfest wird, auch das nimmt Anita Bösch hin. „Das muss man akzeptieren“, fügt sie sich gottergeben, aber nicht unzufrieden: „Ich fühle mich sehr wohl hier.“
Langeweile geschoben
Margit Schwarz (82) kam nach Gaißau, da hatte das Heim wegen der Coronapandemie schon geschlossen. Zu Hause konnte Margit nach einem Schlaganfall nicht mehr betreut werden. „Es war zu der Zeit sehr schwierig, einen Platz in einem Pflegeheim zu bekommen“, erzählt ihre Tochter, Brigitte Kremmel. Erst das St. Josefshaus erklärte sich bereit, die Mutter aufzunehmen. Zur Erleichterung gesellte sich dennoch ein bisschen Unbehagen. „Wir kannten das Heim nicht und wussten auch nicht, wie es Mama damit geht“, räumt Kremmel anfängliche Zweifel ein. Bilder aus dem Heim beseitigten diese dann aber schnell. „Das Besuchsverbot war nicht angenehm. Es war langweilig“, flicht Margit energisch ein. „Es war für alle nicht einfach“, entgegnet ihre Tochter. Ständig hätten die Urenkel gefragt, warum sie nicht zur Uri dürfen. Die Familie behalf sich mit täglichen Telefonaten. Jetzt hat das Warten ein Ende. „Hoffentlich geht es nun aufwärts“, wünscht sich Margit. Der Muttertag wird klein begangen. Zu groß ist noch der Respekt vor dem Virus. Die Leichtigkeit sei weg.
Große Anspannung
Die Mitarbeiterinnen in der Pflege freuen sich für die Heimbewohner, dass wieder ein bisschen Normalität einkehrt. „Die Anspannung war groß, denn es durften ja nicht einmal Ärzte ins Haus“, berichtet Rosaria Helfer. Beinahe Tag und Nacht sei man untereinander in Verbindung geblieben, um im Fall des Falles schnell reagieren zu können. Er trat zum Glück nicht ein, und der Druck löste sich. Das animierte auch Gemeindearzt Hans Gasser zu einem dicken Lob: „Ihr macht das hervorragend“, richtet er allen im Haus aus. Liebenau-Geschäftsführer Klaus Müller ergänzt: „Wir sind glücklich, dass es bislang gelungen ist, Covid19-Erkrankungen in unseren Einrichtungen zu vermeiden und sind auch allen dankbar, die dazu beigetragen haben.“

