Kathrin Stainer-Hämmerle

Kommentar

Kathrin Stainer-Hämmerle

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VN / 22.07.2020 • 06:30 Uhr / 3 Minuten Lesezeit

Die Wiedereinführung der Maskenpflicht war eigentlich für vergangenen Sonntag vereinbart. Allerdings wurde Sebastian Kurz in Brüssel aufgehalten. Die EU-Staatschefs konnten sich nicht wie geplant auf ihre Hilfsmaßnahmen für vom Coronavirus betroffene Staaten einigen. Erst gestern endeten die Verhandlungen über ein billionenschweres Finanzpaket. Eine Billion sind übrigens eine Million Millionen oder tausend Milliarden oder eine Eins mit zwölf Nullen.

Inzwischen tragen die Österreicher ihre Masken nach Lust und Laune. In den öffentlichen Verkehrsmitteln haben die Verantwortlichen allerdings bereits erkannt, dass der Appell an die Vernunft nicht ausreicht. Seit Kurzem werden Unverhüllte daher mit bis zu 50 Euro gestraft. Bei älteren Anzeigen wird über generelle Aufhebung, Teilamnestie oder einfach Pech gehabt diskutiert. Für die Betroffenen bleibt als Beigeschmack: Traue keinem Polizisten, denn auch er kennt die Gesetze nicht. Was kaum den Uniformierten vorzuwerfen ist als vielmehr den Erfindern der zugrundeliegenden Gesetze – den Politikern und ihrem Drang zur verkürzten vorschnellen Verkündigung auf Pressekonferenzen.

Delegationsschwäche

Zurück also zu unserem in Brüssel hängengebliebenen Bundeskanzler. Die kommende Jahrzehnte prägende Einigung in Brüssel hat gedauert und es war gut und richtig, dass Kurz dafür seine anderen Termine kurzerhand abgesagt hat. Schließlich ist die richtige Prioritätensetzung eine wichtige Führungsqualität. Dazu gehört aber auch die Fähigkeit zu delegieren. So gesehen ist es weniger verständlich, warum die Österreicher auf die Einführung der von vielen Experten empfohlenen Maskenpflicht tagelang warten mussten. Fachlich zuständig ist ohnehin der Gesundheitsminister.

Und noch eine Anmerkung zur Glaubwürdigkeit: Sebastian Kurz sendet diese Tage eine doppelte Botschaft. Zu Hause galt nach Corona das Motto „Koste es was es wolle“ und in der EU ist er stolz auf verhandelte Rabatte wie einst die britische Premierministerin Margaret Thatcher mit ihrem berühmten Satz „I want my money back!“. Eine Einstellung, die ihr Land bekanntlich aus der EU geführt hat. Sparsamkeit mit öffentlichen Geldern ist ein bekannter Grundsatz von konservativen Parteien. Sie sollte allerdings für alle gelten und nicht nur jene ohne österreichischen Pass und Wahlberechtigung treffen.

Gemeinsame Steuern

Kurz wird das Ergebnis in Österreich als Erfolg feiern. Das eingesparte Geld werden die Österreicher über die angekündigten Plastikmüll- und Digitalsteuern zahlen. So endet der EU-Gipfel zwar mit weniger gemeinsamen Schulden, aber dafür mit einem ersten Schritt zu gemeinsamen Steuern. Es wird spannend, ob dies die Verhandler in ihren Pressekonferenzen auch so zugeben.

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