Wenn im Wasser der leise Tod lauert

VN / 07.08.2020 • 14:00 Uhr / 4 Minuten Lesezeit
Wenn im Wasser der leise Tod lauert
Wasser zieht Kinder magisch an. Doch es ist höchste Vorsicht geboten. Schnell ist ein furchtbares Unglück passiert. HAGEN

Kleinkinder und Wasser: eine magische Beziehung. Im schlimmsten Fall endet sie in einer Katastrophe.

Schwarzach Rotkreuz-Helfer Thomas Greber (37) bleibt ein Einsatz ewig und schmerzlich im Gedächtnis. Als er vor fünf Jahren als Erstretter an der Dornbirner Ach um das Leben eines siebenjährigen Buben kämpfte. “Der Bub war circa fünf Minuten unter Wasser. Wir kämpften verbissen um sein Leben. Doch wir verloren diesen Kampf. Das war schwer zu verdauen.”

Notarzt Adolf Zoll (62) weiß: “Wenn kleine Kinder unbeobachtet in einen Schwimmteich oder einen Pool geraten, gehen sie zumeist lautlos unter. Sobald Wasser in ihre Lunge dringt, bekommen sie keinen Sauerstoff mehr. Kann man sie nicht sofort retten, ertrinken sie oder tragen irreversible Gehirnschäden davon. Erwachsene können höchstens drei bis fünf Minuten ohne Sauerstoff überleben, bei Kindern ist diese Zeitspanne noch kürzer.” Zoll, ein erfahrener Notarzt, vergisst ein Erlebnis nie: “Ich wurde vor Jahren ins Bregenzer Strandbad gerufen. Dort waren zwei Kinder untergegangen. Eines starb, das andere überlebte. Eine ganze Großfamilie war in Hysterie. Es waren dramatische Momente.”

Irreversible Gehirnschäden

Mario Amann, Geschäftsführer von Sicheres Vorarlberg, berichtet: “Jährlich ertrinken in Österreich vier bis fünf Kinder. Was selten erwähnt wird: Auf ein ertrunkenes Kind fallen vier weitere Kinder, die nach einem Wasserunfall irreversible Gehirnschäden davontragen und nie mehr so sind, wie sie einmal waren.”

“Auf ein ertrunkenes Kind entfallen vier Kinder mit schweren Gehirnschäden.”

Mario Amann, GF Sicheres Vorarlberg

Oft ertrinken kleine Kinder in unmittelbarer Nähe von Erwachsenen. Da ist ein Schwimmteich oder ein Pool. Die Kinder sind ungenügend beaufsichtigt. Das Wasser zieht sie magisch an. Sie fallen hinein, können nicht mehr schreien, gehen leise unter. Eine apokalyptische Vorstellung für die Angehörigen, die selbst nach kurzer Zeit ihre Lieblinge nicht mehr retten können. Und wenn doch, sehr häufig lebenslang mit schlimmsten Langzeitfolgen der Kleinen konfrontiert sind.

Ein paar Zentimeter genügen

Kleinkinder können schon bei einer Wassertiefe von einigen Zentimetern ertrinken. Kinder unter fünf Jahren reagieren in Panik nicht vernünftig, und es gelingt ihnen daher nicht, den Kopf eigenständig aus dem Wasser zu heben.

“Es ist bemerkenswert, in welchem Alter die meisten Kinder ertrinken. Ein erstes gefährliches Alter ist vier, dann ertrinken auffallend viele Kinder unmittelbar nachdem sie ihre ersten Schwimmerfahrungen hinter sich haben”, erzählt Amann.

Nachbarskinder

Bei “Sicheres Vorarlberg” erkundigen sich immer mehr Personen mit Schwimmteichen oder Pools zu Hause, wie sie die Kinder ihrer Söhne und Töchter vor dem Wasser in Sicherheit bringen können.

Nicht selten sind es jedoch auch Kinder aus der Umgebung, die unbeaufsichtigt den Pool oder den Schwimmteich des Nachbarn entdecken und unbemerkt dort ertrinken. In einem solchen Fall ist der Pool- bzw. Schwimmteicheigentümer nicht haftbar. “Etwas anderes ist es freilich, wenn ich die Aufsicht eines Kindes übernehme, und es passiert dann etwas”, betont Rechtsanwalt Sanjay Doshi (44).

Vorsichtsmaßnahmen

Biotope und Regentonnen entsprechend absichern.

Wasser aus Planschbecken und anderen Gefäßen gleich nach Gebrauch entleeren.

Unbenutzte Pools abdecken und darauf achten, dass die Poolabdeckung fest genug ist.

Bei größeren Pools Poolbeleuchtung installieren.

Keine Spielsachen oder Wasserspielzeuge im Wasser liegen lassen.

Stolperfallen am Beckenrand vermeiden. Keine Spielsachen oder andere Hindernisse liegen lassen.

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