Thomas Matt

Kommentar

Thomas Matt

Festspiele halt

VN / 11.08.2020 • 17:59 Uhr / 2 Minuten Lesezeit

Während die Seebühne dunkel bleibt, hat sich das Schauspiel verselbstständigt, und es sind zwei Stücke, die dieser Sommer am Bregenzer Seeufer gibt, eines zu Mittag und eines am Abend.

Das mittägliche würden Opernkomponisten vielleicht an den Beginn des vorletzten Aktes packen, eine kleine Depression vor dem furiosen Höhepunkt: Wie sie so bettlakenfarben an den Strand schleichen, trotzig den Sechserträger in der Hand, das erweckt pures Mitleid. Haben im Unterricht wohl geschlafen, sonst wüssten sie, dass ein Gefäß überläuft, wenn das Maß der zugeführten Flüssigkeit voll ist. Eben sind sie damit beschäftigt, die Ankunft am Strand so lässig wie möglich hinzukriegen. Die Biere deponieren sie mit einem kleinen Schauder im Wasser. Aber die heilsame Distanz schwindet mit untergehender Sonne. Das Verhängnis naht. Verlässlich. Jeden Abend. Und so erfahren die heimischen Badegäste hautnah, was Maturanten auf ihren sagenumwobenen Pauschalreisen im Süden so treiben, und wollten es doch lieber gar nicht wissen.

Der Abend gehört den anderen. Lauter jugendliche Helden und Königinnen der Nacht – die können auch nicht in den Süden, den ihre Eltern als die „alte Heimat“ bezeichnen. Also posieren sie hier: Ein jeder ein Ereignis, gekämmt, gegelt, und um die Ränge kämpfend im großen Schaulaufen. Festspiele halt. Nur eben andere.

Thomas Matt

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