Sommerserie: Schicksal 9
Ich werde ihn verlieren, denkt Kitti über ihren verheirateten Freund.
Kitti war nur eine Episode für meinen Mann, denkt die verheiratete Frau. Zugleich kann sie nicht mehr glauben, dass er zu ihr und ihren zwei Mädchen zurückkehrt.
Der Mann fühlte sich überfordert.
Leicht ist das gesagt. Er hatte zwei Frauen und fühlte sich überfordert. Sollte das ein Witz sein?
Benito, nämlicher Mann, traf sich mit einem Kollegen und fragte ihn um Rat: „Sag, Carlo, was würdest du an meiner Stelle tun?“
Carlo zuckte mit den Achseln: „Wenn ich du wäre, wäre ich nicht ich, ich wäre dann der Frauenheld wie du und könnte mir aussuchen, welche mir die Liebste ist.“
„Richtige Antworten werden immer gefühlskalt bezeichnet und Lügen gefühlvoll.“
„Du sollst mich ernst nehmen, Carlo, du sollst mich nicht verspotten, ich leide unter dem Unglück meiner Frauen. Kitti, die Kleine, will mich ganz für sich, meine Frau will mich zurück und erpresst mich mit unseren Mädchen. Ich glaube nicht, dass sie mich noch liebt. Sie will Sicherheit und Ehefrau bleiben. Kitti verlangt die Scheidung.“
Carlo: „Sie ist zu jung für dich, sie wird nicht bei dir bleiben, sie wird einen Mann finden, der besser zu ihr passt.“
Benito: „Noch einmal: Was soll ich machen?“
Carlo: „Geh zu deiner Frau zurück, sei deinen Mädchen ein lieber Papa, und wenn es dir nach einer anderen Frau ist, tu das zurückhaltend, halt die Pappen, so dass keiner verletzt wird.“
Benito: „Ich gehe nicht zu Prostituierten.“
Carlo: „Hab ich nicht gesagt und nicht gedacht.“
Benito: „Und wie soll ich Kitti beibringen, dass ich zu meiner Frau zurückkehre?“
Carlo: „Tu es einfach. Es braucht keine Erklärung. Sie wird verzweifelt sein, aber nur so lange, bis sie ein neuer Mann tröstet.“
Benito: „Ich hätte nicht gedacht, dass du so gefühlskalt bist.“
Carlo: „Richtige Antworten werden immer gefühlskalt bezeichnet und Lügen gefühlvoll.“
Kitti schlief in Benitos Fitness-Studio. Auf dem Boden schlief sie, zugedeckt mit einer Schäfchendecke. Eine Wärmflasche lag unter dem Schreibtisch. Oft hatte sie Bauchweh. Benito beugte sich zu ihr nieder und strich ihr die feuchten Haare aus der Stirn. Er dachte, sie fühlt sich an wie eines meiner Mädchen. Kitti stellte sich schlafend. Er ging auf Zehenspitzen. Sie richtete sich auf:
„Komm zu mir, ich habe dich so vermisst. Ich bin doch deine Kleine.“
Er wusste, was zu sagen wäre, sagte es aber nicht, ließ sich gehen und blieb bei ihr, bis es durch die schmale Scheibe hell wurde und die Umrisse der Ziertanne sich abzeichneten. Er dachte, was bin ich für ein mieser Hund. Er wollte aufstehen, sich erklären, aber was er tat, war liegen bleiben und sich von Kitti streicheln lassen.
„Wo ist eigentlich der Papa?“, fragte zu Hause eines seiner Mädchen.
„Der ist bei der Frau mit den langen Haaren“, sagte die andere.
„Darf man eigentlich zwei Frauen haben?“
Monika Helfer
monika.helfer@vn.at
Monika Helfer ist Schriftstellerin und lebt in Hohenems.
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