Corona-Christkind
Diese quälende Ungewissheit. Dieses abscheuliche Gefühl, sich nicht auf kommende Fixpunkte freuen zu können, ist zum Dauerzustand geworden: keine Vorfreude auf den nächsten Urlaub, nicht auf das große Geburtstagsfest, nicht aufs große Flötenkonzert der Kinder. Alles ‘vielleicht’, ‘eher nicht’ oder ‘abgesagt’. Die Zuversicht versiegt, weil absolut nichts mehr planbar ist. Diese Kurzfristigkeit, dieser verdammte Schwebezustand. Vermisst wird die Unbeschwertheit, Rückzugsraum und Ruhepol zugleich.
Ein ständiges, nüchternes Vor-der-Webcam-Sitzen, distanziert. Die Welt kommt nur mehr digital ins Wohnzimmer, die echte Welt ist viel zu gefährlich geworden. Freundschaften werden sträflich vernachlässigt, mit so vielen lieben Menschen sollte man ein Glas Wein trinken oder auf ein Bier gehen – bloß ist es nicht die Zeit für Geselligkeit, Gastfreundschaft.
Wir sind mitten in der schwersten Gesundheitskrise seit Generationen.
Ganz anders sollte das nun am 24., 25. und 26. Dezember sein, auch am Silvesterabend. Politisch motivierte Ausnahmeregelungen, ein Freibrief für Unvernunft, für’s Fastenbrechen. Erst vergangene Woche von Kurz & Kogler angekündigt, gestern Abend nach deutlichen Signalen aus Frankreich (Ausgangssperre zu Silvester), Italien (Knallhart-Lockdown über die Feiertage) und dem Aufschrei der deutschen Wissenschafter der Leopoldina glücklicherweise auch in Österreich wenigstens etwas nach unten revidiert.
Nun sind es nur mehr zwei Tage der Unvernunft, Silvester dürfen alle nur ein bisschen unvernünftig sein.
Klar ist: Jedes zusätzliche Treffen wirft uns in der Pandemiebekämpfung zurück. Oder wie es die deutsche Bundeskanzlerin und Physikerin Angela Merkel bei wesentlich, wesentlich niedrigeren Infektionszahlen diese Woche sagte: „Wenn wir jetzt vor Weihnachten zu viele Kontakte haben und anschließend es das letzte Weihnachten mit den Großeltern war, dann werden wir etwas versäumt haben.”
Es ist exakt gleich gefährlich, heute zehn Personen einzuladen oder am 24. Dezember zehn Personen einzuladen. Mit Ausnahmeregelungen mag man sich so kurzfristig als Retter des Weihnachtsfestes positionieren, es ist aber schlichtweg nicht das Jahr für Feiern mit Personen aus zehn verschiedenen Haushalten. Schon gar nicht zwei Mal hintereinander.
Das ist verlockend, wenn plötzlich die Luft der Freiheit weht. Gleichzeitig ist diese österreichische Lösung extrem kurzsichtig.
So unpopulär das ist, so sehr wir das alle hassen, diese Weihnachtszeit wird insgesamt eine deutlich zu stille Weihnachtszeit werden. Vor allem für jene 178 Vorarlberger Familien, die durch Corona in diesem Jahr schon einen ihrer Lieben begraben mussten.
Auch wenn Ihnen das Vanillekipferl im Hals stecken bleiben mag: Achten wir gemeinsam darauf, dass es nicht noch mehr Tote werden. Das wäre ein wahrer Akt der Nächstenliebe.
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