Zum Aderlass für Paul

Großer Andrang zur Typisierungsaktion für Fünfjährigen.
Feldkirch Arzu Günay weiß wie es ist, helfen zu können. Vor einigen Jahren, so genau weiß sie es nicht mehr, ließ sie sich typisieren. Im August zahlte sich ihre Knochenmarkspende für einen 16-jährigen leukämiekranken Mailänder aus. „Inzwischen konnte er aus dem Krankenhaus entlassen werden“, hat Arzu erfahren, und sie hofft, dass es für den Jugendlichen weiter gesundheitlich bergauf geht. Am gestrigen Sonntag war die junge Frau als Helferin bei der Typisierungsaktion für den kleinen Paul in der Volksschule Feldkirch-Nofels im Einsatz.
Gerührt von der Solidarität
Es war die erste öffentliche Veranstaltung des Vereins „Geben für Leben“ im Coronajahr, und sie wurde geradezu gestürmt. Es floss jede Menge Blut für Paul und die vielen anderen Betroffenen. Bis Mittag hatten sich über 440 Personen typisieren lassen. Während des Nachmittags standen noch einmal so viele rund um das Gebäude an. „Wir bleiben, bis der Letzte durch ist“, bekräftigt Anna, eine von rund 30 ehrenamtlichen Mitarbeitern. Die erfreuliche Schlussbilanz: 1039 Typisierungen und zahlreiche Geldspenden.
Der Andrang zur Typisierungsaktion begann schon am frühen Vormittag. Zuvor hatten die Eltern von Paul dem Organisationsteam noch einen Besuch abgestattet. „Sie waren sehr berührt von der enormen Solidarität für ihren Sohn“, erzählt die Obfrau der Leukämiehilfe, Russ-Preis-Trägerin Susanne Marosch. Auch sie strahlt, denn je mehr Menschen sich typisieren lassen, umso größer ist die Chance, einen passenden Stammzellspender zu finden. Auffallend ist die Vielzahl an jungen Leuten, die geduldig auf Einlass warteten. „Sehr erfreulich und sehr lobenswert“, befindet Maria, die den Verein schon öfter bei Typisierungen unterstützt hat.
Vor ihr sitzt Noel (21) mit bereits aufgekrempeltem Ärmel. Vorsichtig schiebt Maria nach der Desinfektion die Nadel in die Ader der jungen Frau. Das Blut sprudelt wie Quellwasser in das Röhrchen. Noel verzieht keine Miene, soweit das hinter der Maske zu erkennen ist. Erfahren von der Typisierungsaktion hat sie durch ihre Mutter. Die Teilnahme war schnell beschlossene Sache. „Wäre ich in einer solchen Situation, wäre ich auch über jede Hilfe froh“, erklärt Noel.
Aderlass statt Abstrich
Die Abnahmestationen sind in der Turnhalle eingerichtet worden, coronakonform in gebührendem Abstand. Ein Coronabeauftragter der Stadt Feldkirch hat ein genaues Auge auf den Ablauf. Die Typisierungswilligen bekommen erst Einlass, wenn wieder freie Plätze zur Verfügung stehen. Stauerscheinungen gibt es nur vor der Schule. Doch alle nehmen das Warten gelassen. Das nötigt auch den Helfern Respekt ab. „Wir haben es hier drinnen warm, die Leute hingegen müssen in der Kälte stehen“, bemerkt Maria. Von mutigen Freiwilligen spricht Julia. „Die meisten haben erwartet, dass ein Wangenabstrich durchgeführt wird“, berichtet sie. Stattdessen ging es zum Aderlass, aber keiner hat sich davor gedrückt.
Susanne Marosch ist froh über jeden, der kommt. Allein für Dezember rechnet sie mit 20.000 Typisierungen. „Mal 40 Euro“, rechnet sie weiter. Macht eine stattliche Rechnung, die der Verein zu begleichen hat. Für einen kurzen Moment verdüstert sich die Miene der Obfrau. Dann gewinnt die Zuversicht wieder die Oberhand. „Es ist immer irgendwie gegangen, und es wird auch diesmal wieder gehen“, sagt Susanne Marosch und lächelt.


Du hast einen Tipp für die VN Redaktion? Schicke uns jetzt Hinweise und Bilder an redaktion@vn.at.