250 Menschen
250 Menschen, so viele passen in den Zuschauerraum vom Dornbirner Spielboden – wenn wir tatsächlich irgendwann wieder schwitzend Konzerte genießen wollen und können.
250 Menschen, so viele finden in einem Airbus A330 Platz – wenn wir dereinst wieder unbeschwert reisen können, zu Traumzielen von Paris bis San Francisco.
250 Menschen, so viele leben etwa in Stallehr oder Schröcken.
Am 26. März des Vorjahres ist der erste Vorarlberger an Corona gestorben.
Exakt zehn Monate später, am gestrigen 26. Jänner, ist der zweihundertfünfzigste Coronatote in Vorarlberg zu beklagen.
Jeder und jedem der 250 Verstorbenen widmen wir heute als Erinnerung eine Trauerkerze auf der Titelseite.
Kurz bevor die ersten Corona-Katastrophenpläne im März vergangenen Jahres präsentiert wurden, telefonierte ich mit dem Landeshauptmann. Mich irritierte in den Anfängen, dass es Simulationen für kurzfristig Zigtausende Infizierte in Vorarlberg gibt. Das hieße ja, angesichts der aus China und Italien bekannten Sterblichkeit, dass diese Seuche auch in Vorarlberg Hunderte Todesopfer fordern könnte. Nun, sagte der Landeshauptmann damals nach einer kurzen Pause, von Hunderten wolle er nicht sprechen – aber mit einer unter Umständen auch dreistelligen Zahl müsse man laut Experten durchaus rechnen. Stille.
Nach der ersten Welle war die Erleichterung groß, dass Vorarlberg mit 20 Todesopfern verhältnismäßig glimpflich davongekommen war. Dass Monate später mehr als zehnmal so viele sterben könnten – offenbar denkunmöglich. Es ist ganz klar nicht gelungen, die Alten- und Pflegeheime entsprechend zu schützen. 43 Prozent aller Toten lebten im Heim. Die Diskussionen, ob Heim-Pflegekräfte sich testen, impfen lassen oder FFP2-Masken tragen, sind vor diesem Hintergrund unerträglich.
Dann ist da noch diese kleine, aber viel zu laut hörbare Gruppe, die sich all den Fakten verweigert, den Stellenwert der Wissenschaft anzweifelt und vermeintlich gut gewappnet mit YouTube-Videos und Fake-News in ihr eigenes Paralleluniversum abdriftet. In aller Klarheit: Es ist gänzlich einerlei, ob Menschen „mit“, „an“, „durch“, „in Zusammenhang mit“, „neben“, „vor“ oder „hinter“ Corona sterben – jede und jeder dieser Menschen, deren Tod in Zusammenhang mit Corona behördlich festgestellt wurde, hatte noch keinen Grund, zu gehen.
Wir sind weit davon entfernt, die Pandemie überwunden zu haben. Das von Kanzler Kurz viel zu früh bemühte „Licht am Ende des Tunnels“ wird lange auf sich warten lassen. Das Gezerre um die Verteilung des knappen Impfstoffs hat erst seinen Anfang genommen. Und die Lieferung stockt: Gestern konnten nur 13 Menschen in Vorarlberg geimpft werden. Bis wann Menschen über 65 Jahre geimpft sein werden, ist aktuell völlig fraglich.
Da passt ins Bild, dass bei vielen nicht mal die versprochenen FFP2-Masken für Senioren ankamen. Was Spar, Rewe und Hofer in wenigen Tagen schafften, gelingt der Regierung seit der vollmundigen Ankündigung Anfang Dezember nicht flächendeckend.
Vor allem ältere Menschen fühlen sich von der Regierung zunehmends im Stich gelassen. Zurecht, muss man feststellen.
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