Ein Fan der Kneipp’schen Lehre

Severin Sigg (92) setzt auf Bewegung und gesunde Ernährung.
Hörbranz Seelsorger, Kräuterpfarrer und Wasserdoktor: Sebastian Kneipp wurden einige Mäntelchen umgehängt. Unbestritten aber ist, dass der Allgäuer die Naturheilkunde in besonderem Maße geprägt hat. Heute, Montag, gedenkt die Kneipp-Gemeinde weltweit seines 200. Geburtstags. Auch Severin Sigg (92) gehört zu den Anhängern der Kneipp’schen Gesundheitslehre. „Ich schau‘ auf mein Immunsystem“, sagt er mit einem Schmunzeln Dabei meint es der langjährige Hörbranzer Bürgermeister damit durchaus ernst. Er läuft immer noch jeden Tag zwischen sechs und neun Kilometern, werkelt in seinem Gemüsegarten und freut sich darauf, bald auch wieder aufs Fahrrad steigen zu können. Vor Corona radelte der rüstige Senior mindestens sieben- bis achtmal im Jahr 130 Kilometer um den Bodensee, und das an einem Tag. Entweder machte sich Severin Sigg allein auf den Weg oder mit der Radfahrgruppe, die er als Obmann des örtlichen Kneippvereins ins Leben rief. Corona selbst konnte ihm nichts anhaben. „Trotz zweier Fälle in der Familie“, wie er anmerkt. Gefehlt haben ihm jedoch die sozialen Kontakte. Umso mehr sehnt Sigg die Lockerungen herbei.
Freudig zugesagt
Dabei hatte er während seiner aktiven Zeit als selbständiger Schreiner- und Glasermeister und dann als Gemeindeoberhaupt mit der Gesundheit wenig am Hut. Dem seit rund 50 Jahren bestehenden Kneippverein trat Severin Sigg bei, „weil man das von einem Bürgermeister erwartete“. Er lacht verschmitzt. Mit der Pensionierung sollte sich seine Haltung aber grundlegend ändern. „Ich wollte etwas für meine Gesundheit tun“, erzählt Sigg. Als der Kneippverein einen neuen Obmann brauchte und er angefragt wurde, sagte er freudig zu. Als eine der ersten Maßnahmen sorgte Sigg für den Bau einer Wassertrete im Bereich des Gasthauses Bad Diezlings. Dessen Besitzer hatten die Abtretung der Wasserrechte zugesagt. „Die Chance nützten wir.“ Eine Delegation fuhr sogar nach Bad Wörrishofen, dem Wirkungsort von Pfarrer Kneipp, um sich eine Wassertrete anzuschauen. „Ich habe sogar die Baupläne zugeschickt bekommen“, erinnert sich Severin Sigg. Dann ging es vorwärts. Die Gemeinde errichtete die Wassertrete, der Kneippverein übernimmt die Instandhaltung. Sigg hat sie selbst zehn Jahre lang betreut.

Ein aktiver Obmann
Auch sonst zeigte er sich als Obmann ziemlich aktiv. Er gründete eine Wander-, Fahrrad- und Gymnastikgruppe und ging mit gutem Beispiel voran, indem er überall mitmachte. Nicht weniger als 16 Jahre stand Severin Sigg dem Kneippverein vor. Als er ihn übernahm, zählte er 135 Mitglieder, als er ging, waren es 320. Er blickt mit Stolz auf diesen Zuwachs. Inzwischen hat Severin Sigg den Obmannsessel schon längst geräumt. Radtouren schreibt er aber nach wie vor aus. „Leider hat uns die Pandemie gebremst“, bedauert Sigg. Ihm fehlt die Abwechslung zum fordernden Pflegealltag. Seit mehr als zwei Jahren kümmert er sich gemeinsam mit einer 24-Stunden-Betreuerin auch noch um seine bettlägerige Frau Evelyn (91). Den Plan, die 130 Kilometer zwischen Konstanz und Meersburg bald wieder per Rad absolvieren zu können, hat er aber nicht aufgegeben. „Das will ich noch machen“, sagt der Paradekneipper bestimmt.

Zur Person
Alter: 92
Werdegang: Schreiner- und Glasermeister, 28 Jahre Bürgermeister von Hörbranz
Familie: verheiratet, 2 Kinder, 2 Enkelkinder und 2 Urenkel
Info: Themen rund um „200 Jahre Gesundheitssuperstar Sebastian Kneipp“ sind heute, am 17. Mai 2021, auf www.radioklassik.at, sowie auf www.kneippbund.at zu hören.