Ein sommerlicher Ort
Nun also doch: Sommerferien! Vor der Pandemie hatte in diesem Satz ein „endlich“ Platz genommen. Aber jetzt steht es ganz verunsichert im Türrahmen, quetscht sich nicht zwischen die Wörter, tritt stattdessen von einem Bein aufs andere. „Endlich Ferien?“ Wie klingt denn das, wo doch alle den Lernverlust im Corona-Schuljahr beklagen? Die Schrecknisse vom Home-Schooling noch im Nacken malt die Gesellschaft den Teufel an die Wand. Lernangebote sprießen aus dem Boden. Alles gut, und doch . . .
Mit dem Zeugnis in der Hand direkt zurück an die Bücher? Retten, was zu retten ist? Früher – Kolumnisten dürfen in Erinnerungen schwelgen, schon gar, wenn ihre eigenen Kinder längst der Schule entwachsen sind – früher entlud sich die Erwartung dieses unübersehbaren Freiraums der Sommerferien zunächst in einem Zeugnisessen. Es markierte die unsichtbare Grenze zu dieser wundervollen Zeit, die Hitze und Baden, Eis und Gegrilltes versprach und vielleicht sogar die erste verstrubbelte, verlegene, noch ganz ungelenke Liebe, wer weiß?
Früher machten die großen Ferien das Land zu einem sommerlichen Ort. Knorrige Kastanien gossen ihren weiten, kühlen Schatten über die Plätze. Der Himmel darüber kleidete sich in lustvolles Blau. Das tut er übrigens heute noch, wir sehen nur nicht mehr ganz so oft nach oben. Diesen Freitag also beginnen die Sommerferien. Uns bleiben noch zwei Tage Zeit, um all die Wolken weg zu pusten, damit auch die großen Ferien 2021 allen Bedenken zum Trotz das Land in einen sommerlichen Ort verwandeln.
Thomas Matt
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