Wegebauer des Alpenvereins reaktivieren den Hinterbirgweg von der Alpe Els bis Braz

VN / 29.08.2021 • 11:00 Uhr / 8 Minuten Lesezeit
Wegebauer des Alpenvereins reaktivieren  den Hinterbirgweg von der Alpe Els bis Braz
Gunnar Jenny erweitert natürliche Tritte mit einem Pickel.VN/JUN

Nach 30 Jahren soll der Weg wieder begehbar gemacht werden – für die Wegebauer, die im unwegsamen Gelände arbeiten müssen, ein Knochenjob.

Bludenz Um 6.45 Uhr geht es los. Es wird ein langer Tag werden. Als Wanderer geht man auf gut ausgebauten, markierten Wegen, muss sich nicht durch Gestrüpp und Latschen kämpfen. Dass die Wanderwege aber so gut ausgebaut sind, ist nicht selbstverständlich, sondern harte Arbeit. Momentan wird der Hinterbirgweg zwischen der Alpe Els und Braz reaktiviert. Seit 30 Jahren ist der Steig – nach schweren Unwettern damals – nicht mehr begehbar. Nach jahrelangen Verhandlungen mit den unterschiedlichsten Instanzen und Interessengruppen konnten die Planungsarbeiten vergangenes Jahr beginnen. Im Sommer und Herbst 2020 wurden die ersten Vorarbeiten geleistet.

Auch der Freiwillige Florian Köb aus Dornbirn hilft mit.
Auch der Freiwillige Florian Köb aus Dornbirn hilft mit.

Schwieriger Wanderweg

Seit diesem Juni arbeiten die Wegebauer des Alpenvereins wieder auf der Baustelle, jedoch nur bei gutem Wetter, denn ein Gewitter dort oben wäre fatal, da der Weg kaum bis gar keinen Schutz bietet. Rund 65.000 Euro investiert der Alpenverein Vorarlberg zusammen mit dem Land Vorarlberg in die Revitalisierung und Neutrassierung des Hinterbirgwegs. Mit diesem Budget müssen die Wegebauer auskommen. Viele Materialflüge sind also nicht drin. Ein weiteres Problem: Das Land fördert nur einen weiß-rot-weißen Wanderweg, doch eigentlich ist der Hinterbirgweg ohne Seilversicherungen ein alpiner Weg.

Mit der Astschere müssen Zweige der Alpenrosen weggeschnitten werden.
Mit der Astschere müssen Zweige der Alpenrosen weggeschnitten werden.

Freiwillige am Start

An diesem Mittwoch im August ist es zum Glück nicht ganz so heiß. „Da war es letztes Jahr im Sommer schon härter zu arbeiten“, berichten die hauptamtlichen Wegebauer Gunnar Jenny aus Braz, Christian Putz und Rene Gießl aus Klösterle. Zusammen mit dem Belgier Renaat van Gutte, der in Lech wohnt, trassieren sie den vier bis fünf Kilometer langen Weg neu, schneiden Äste, die in den Weg ragen, ab, mähen das Gras, schlagen Stufen und setzen Markierungspfeiler. An diesem Tag helfen ihnen zwei Freiwillige, Florian Köb aus Dornbirn und Frederik Korte aus Feldkirch, die sich in ihrem Urlaub nützlich machen wollen. Zunächst fahren wir ins Lager nach Nüziders, wo wir unser Material für den heutigen Tag holen. Vollbepackt mit Rechen, Markierungspfeiler und Astschere fahren wir anschließend hinauf zur Alpe Els. Ich schnappe mir die Astschere und spanne sie auf meinem Rucksack. Dann wandern wir los.

Renaat baut natürliche Tritte zwischen den Latschen.
Renaat baut natürliche Tritte zwischen den Latschen.

Was ich nicht dachte, ist, dass der Weg alles andere als leicht zu begehen ist. Es geht immer wieder rauf und runter, nur am Brazer Turm wird es kurz etwas ebener. Bei dem ganzen Auf und Ab hätte ich mir Stöcke gewünscht und ärgere mich, diese nicht mitgenommen zu haben. Dort, wo sich die Baustelle befindet, ist es ebenfalls sehr steil. Bis hier hin sind wir schon zweieinhalb Stunden unterwegs und gerade erst bei der Hälfte des ganzen Weges angelangt. Ein gemütlicher Abstieg ist dieser Weg keinesfalls. Man muss mehrere Schutttobel durchqueren und die vielen Höhenmeter sind auch nicht zu unterschätzen.

Einen Weg kann man noch nicht so wirklich erkennen...
Einen Weg kann man noch nicht so wirklich erkennen...

Am weitesten entfernt

Gunnar erklärt mir, dass wir heute am weitesten von der Alpe Els entfernt arbeiten werden. Ab morgen würden die vier Wegebauer von Braz aus aufsteigen. Gunnar ist für die gesamte Koordination zuständig und leitet den Trupp. Eigentlich ist er gelernter Maschinenschlosser, doch widmet er sich seit 2013 im Sommer den Vorarlberger Wanderwegen. Im Winter hingegen ist er Ski- und Snowboardführer, im Frühling und Herbst als Industriekletterer tätig. Dieses „Rädle dreht sich schon seit 2014“, sagt Gunnar. Bei gutem Wetter bauen die vier jeden Tag am Hinterbirgweg. Eigentlich hätten sie mit den Arbeiten schon früher begonnen, wäre ihnen nicht der Felssturz beim Lünersee in die Quere gekommen. „Der Böse Tritt hatte Priorität.“ Drei Wochen lang trassierten sie den Bösen Tritt neu, was den Zeitplan ganz schön durcheinanderbrachte. Doch Gunnar ist optimistisch, dass der Hinterbirgweg bis Herbst fertig wird.

Mit Rechen und Pickel geht es zur Baustelle.
Mit Rechen und Pickel geht es zur Baustelle.

Anfangs mussten sich die Wegebauer erst einmal durch die vielen Latschen bei der Alpe Els kämpfen. „Da mussten wir erst eine Schneise legen“, klärt mich Gunnar auf. Bei diesem Stück setzen die Wegebauer nun Pflöcke mit Markierungen in gut sichtbaren Abständen zueinander. „Damit Wanderer nicht bei Nebel oder schlechter Sicht die Orientierung verlieren“, erklärt Gunnar.

Der Schutttobel muss durchquert werden.
Der Schutttobel muss durchquert werden.

Bald schon kommen wir an der alten Alpe Hinterbirg vorbei, die ich, wenn mich die Wegebauer nicht darauf hingewiesen hätten, vor lauter Bäumen und Gestrüpp gar nicht erkannt hätte. Die Alpe Hinterbirg war bis 1908 im Eigentum von Maruler Landwirten. Für die Maruler lag diese Alpe hinter dem Gebirge (Gamsfreiheit) und daher lässt sich auch der Name „Hinterbirg“ ableiten. „Früher war der Weg noch ein wichtiger Alpweg für die Einheimischen“, erzählt Gunnar. Jetzt ist er stellenweise noch nicht einmal befestigt, geschweige denn markiert.

Christian Putz macht ebenfalls Pickelarbeit.
Christian Putz macht ebenfalls Pickelarbeit.

An der Baustelle, beim Aufstieg auf den Rüfengrat, teilt sich die Gruppe auf. Normalerweise würde der Weg geradeaus durch einen weiteren Schutttobel verlaufen, doch das sei ohne Seilsicherung zu gefährlich. Christian (gelernter Koch) und Rene (gelernter Installateur) steigen weiter auf, holen vorab aus einem Depot die Benzinsense, um sich ihren weiteren Weg nach oben freizuschneiden.

Natürliche Tritte schlagen

Rene Gießl mäht den Weg mit der Sense.
Rene Gießl mäht den Weg mit der Sense.

Der Hinterbirgweg sei dieses Jahr das Hauptprojekt der Wegebauer, „ansonsten sind wir aber in ganz Vorarlberg unterwegs“, sagt Christian, der wie Renaat und Rene auch im Winter als Ski- und Snowboardlehrer arbeitet. Christian übernimmt die Arbeit mit dem Pickel, schlägt Stufen in die Erde. Die beiden Freiwilligen sowie Gunnar und Renaat bauen die natürlichen Tritte weiter unten aus, denn der Weg bleibt größtenteils naturbelassen. Mit meiner Astschere zwicke ich Äste, die in den Weg ragen, ab. „Alles, was dich in den nächsten zehn Jahren stören würde, muss weg“, erklärt mir Gunnar.

Hier wurde der Weg bereits neu trassiert.
Hier wurde der Weg bereits neu trassiert.

Tobel sind problematisch

Den ganzen Tag im unwegsamen Gelände unterwegs zu sein, ist anstrengend. Trittsicherheit und Kondition sind daher Voraussetzung. Denn nach getaner Arbeit muss man wieder den ganzen Weg zurück zur Alpe Els gehen. Von Braz ist der Weg aber nicht angenehmer. „Der Weg hinauf ist sehr steil und im Wald die Wegfindung schwierig“, sind sich die Wegebauer einig. Das Hauptproblem seien aber die Tobel, wo der Weg aufgrund von Gewittern schon mehrfach mitgerissen wurde. Insgesamt müssen die Wegebauer fünf Tobel bis Braz trassieren. Um 17.30 Uhr ist der Arbeitstag beendet, bevor es am nächsten Tag wieder in unwegsames Gelände geht. VN-JUN

Der Hinterbirgweg führt durch teils alpines Gelände und ist nicht zu unterschätzen.
Der Hinterbirgweg führt durch teils alpines Gelände und ist nicht zu unterschätzen.
Der Weg verläuft unterhalb der Gamsfreiheit.
Der Weg verläuft unterhalb der Gamsfreiheit.

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