Wie 300 Lebensjahre zusammenkommen

In Wolfurt fand ein besonderes Jahrgängertreffen statt.
wolfurt 22. 2. 2022: Kein Datum wäre wohl prädestinierter gewesen als dieses, um den Jahrgang 1922 hochleben zu lassen. Gesagt, getan, zumindest in der Marktgemeinde Wolfurt, wo der dortige Seniorenbund drei hundertjährige Damen zu Kuchen und Kaffee bat. „Dass gleich drei Jahrgängerinnen heuer ihren Hunderter feiern dürfen, hat es in Wolfurt so noch nie gegeben“, staunte da sogar der Obmann, Altbürgermeister Erwin Mohr.
Die noch rüstigen Seniorinnen folgten der Einladung gerne. Man kennt sich schließlich von früher, denn Katharina Rohner, Gertraud Schneider und Agnes Fitz sind nicht nur Jahrgängerinnen, sondern waren häufig auch gemeinsam unterwegs. Inzwischen hat sie das Alter etwas zur Ruhe kommen lassen, der Freude am Leben konnte es aber nichts anhaben.

Weibliches Alter
Laut Statistik Austria gibt es in Vorarlberg aktuell insgesamt 62 Personen im Alter von hundert und darüber. Auch in diesem Segment bestätigt sich: Das Alter ist weiblich. Das Verhältnis der Geschlechter fällt mit 54 jedenfalls deutlich zugunsten der Frauen aus, deren Lebenserwartung aber allgemein höher ist. Katharina Rohner hatte bereits Geburtstag, bei den anderen folgt das denkwürdige Jubiläum noch. „Man kann es kaum glauben, 100 zu sein“, sagt Rohner. Gibt es ein Rezept? „Nein, da muss man schon selbst dazuschauen“, lautet die ebenso prompte wie resolute Antwort. Was sie aber doch noch verrät ist, dass sie immer gerne draußen gewesen sei und im Garten gewerkelt habe. Seit zwei Jahren lebt Katharina Rohner im Seniorenheim Wolfurt. Sie ist aus freien Stücken übersiedelt und bereut es nicht: „I heas frei döt“, lässt sie die kleine Geburtstagsrunde wissen.

Gute Gene und Arbeit
Agnes Fitz führt ihren Haushalt nach wie vor selbst. Ihre Vitalität schreibt sie nicht nur den guten Genen zu, wobei sie bei dieser Erklärung verschmitzt lächelt. “Arbeiten hält auch fit”, führt sie noch an. Agnes Fitz weiß wie viele ihrer Generation, was es heißt, anzupacken. Als junge Frau musste sie die Landwirtschaft am Leben erhalten, während ihr Bruder Alfons an der Front im Einsatz war. “Erst nach sieben Jahren ist er aus dem Krieg zurückgekommen”, erzählt Agnes. Später ging es jedes Jahr ins Rossbad nach Krumbach zur Erholung. Die Erinnerung an diese Zeit ist immer noch lebendig. Heute sind es die täglichen Spaziergänge durchs Dorf, die Agnes Fitz zu genießen weiß. Wegen des Alters macht sie sich keine Gedanken: “Man nimmt es, wie es kommt.” Und überhaupt fühle sich der Hunderter nicht viel anders an, als die Geburtstage davor.
Die Gene meinen bzw. meinten es auch mit der Familie Schneider gut. Der Mann von Gertraud Schneider, Lothar Schneider, praktizierte jahrelang in Wolfurt als Gemeindearzt, ehe er im vergangenen Jahr im Alter von 101 Jahren starb. Gertraud Schneider hat ihren Wohnsitz mittlerweile nach Bregenz verlegt. Ihr Reich ist die eigene Wohnung, wo sie von einer Pflegerin betreut wird, ihre Lieblingssendung “Bares für Rares”. “Sie blättert aber auch gerne in Fotoalben und sieht sich Familienbilder an”, plaudert Sohn Gerold aus dem Alltag seiner Mutter. Gertraud war ebenso ein Naturmensch. Noch bis 95 ging sie regelmäßig im See schwimmen, in jüngeren Jahren bestieg sie einige Male die Zimba. Diese Eindrücke begleiten Gertraud Schneider bis in die Gegenwart.
Die drei Frauen mögen sich in ihren Biografien unterscheiden, nicht jedoch in dem, was sie als ihr prägendstes Erlebnis angeben. Es ist der Krieg. Er hat ihre Jugend bestimmt und viele weitere Jahre danach. Doch jetzt zählt für Katharina, Agnes und Gertraud das Hier und Jetzt.