Das Landesorchester ist wieder da

Symphonieorchester Vorarlberg zelebriert Beethovens Glauben an die Ideale der Aufklärung.
FELDKIRCH Eine passendere Programmierung dieses dritten Abo-Konzerts des Symphonieorchesters Vorarlberg als mit Ludwig van Beethovens Symphonie Nr. 5 in c-Moll hätte man sich in diesen Tagen nicht vorstellen können. Dabei war es nur einer durch Corona ausgelösten Verschiebung zu danken, dass das für Ende November geplante Konzert nun genau in die Zeit beginnender russischer Kriegshandlungen in der Ukraine fiel. Viele haben am Samstag im vollbesetzten Montforthaus die erschreckende Parallelität dieser „Schicksalssymphonie“ zur aktuellen weltpolitischen Lage wahrgenommen. Denn auch bei Beethoven geht es um den Kampf gegen Unterdrückung, Schrecken und Leid, freilich auch mit dem versöhnlichen Ende, also um den Sieg des Lichts über die Dunkelheit.

Die Wahl von Beethovens Fünfter ist generell schon so eine Sache. Wenn man den Mut hat, dieses Heiligtum, die wohl bekannteste und meistgespielte Symphonie der Welt aufs Programm zu setzen, genügt es nicht, den unzähligen, oft genug recht belanglosen Aufführungen und Aufzeichnungen eine weitere hinzuzufügen. Da braucht es schon eine total aufeinander eingeschworene Truppe, einen Dirigenten und ein Orchester, die es gemeinsam wagen, das Risiko einer aufregenden persönlichen Deutung zu wagen.

Mit Gérard Korsten, in immerhin 13 bewegten Jahren dem SOV als Chef menschlich und musikalisch eng verbunden, hat man damit ins Schwarze getroffen. Kein Wunder, denn der inzwischen zum Ehrendirigenten ernannte Maestro ist in seinem Dirigat noch immer der Alte geblieben, einer, der mit seiner Suggestivkraft polternd, stampfend und mit ungestümen Gesten das Letzte aus seinen Musikern herausholt. Da herrscht umgekehrt aber auch große Bereitschaft an jedem Pult, diesen Weg gemeinsam und konsequent mitzugehen, was auch in den vielen schönen Orchestersoli zum Ausdruck kommt. Schon der heikle erste Satz mit dem berühmten Thema, den Korsten gleich in einem Höllentempo durchzieht und damit keinen Zweifel an seinem stringenten Konzept lässt, ersteht in seiner Präzision so klar wie ein Bergkristall. Dass sich die musikalischen Kämpfe der Revolution mit oft kaum wahrnehmbaren Pianissimo-Deutungen abwechseln, sorgt für unglaubliche Momente. Korsten schließt den Kreis und formt den finalen Bogen aus dem Dunkel zum Triumph, spannend bis zum letzten Takt: Es ist Beethovens Glaube an die Ideale der Aufklärung. Experiment gelungen: So kompakt, so überzeugend und mitreißend hat man dieses Werk in unseren Breiten wohl kaum einmal erlebt. Dies bestätigen auch die Zuhörer, die ihrer Begeisterung Luft machen.

Angesichts dieses schicksalshaften Zusammentreffens künstlerischer und politischer Fakten gerät der erste Programmteil unverdient wohl etwas ins Hintertreffen. Dabei hat man bei diesem Wiedersehen dem Mozart-Spezialisten Gérard Korsten nicht ohne Hintergedanken gleich drei kürzere Werke des Salzburger Meisters anvertraut. Der Dirigent fühlt sich dabei auch sichtlich wohl und verwirklicht Mozarts wenig bekannte ouvertürenhafte Symphonie Nr. 22 in C-Dur und zwei seiner vier Hornkonzerte in der Idealtonart Es-Dur mit derselben Sorgfalt wie später Beethoven. Der erst 27-jährige, noch etwas zurückhaltende Kärntner Hornist Daniel Loipold, Solohornist des Brucknerorchesters Linz, steht als versierter Solist an der Rampe und arbeitet bei jedem Konzert dessen Besonderheiten heraus. Bei KV 417 ist es das Rondo Allegro mit seinem eingängigen Jagdmotiv, das er brillant und mit großer Sicherheit in den Saal schmettert, im KV 447 schenkt er seinen Zuhörern mit wunderbar warmem, weichem Ton eine sangliche Romanze. Der Solist besitzt die Rückendeckung eines sehr flexibel mitgestaltenden Orchesters in einer schlanken, sorgfältig auf authentischen Mozartklang hin getrimmten Besetzung mit dem fabelhaften Konzertmeister Pawel Zalejski an der Spitze. Herzlicher Applaus für alle Beteiligten. Fritz Jurmann

Rundfunksendung: 21. und 28. März, 21.05 Uhr, Radio Vorarlberg
5. Abo-Konzert des SOV: 9. April, 19.30 Uhr, Montforthaus Feldkirch; 10. April, 17 Uhr, Festspielhaus Bregenz – Beethoven, Haydn, Bernstein (Dirigent und Violine: Kolja Blacher)