Warum es zuletzt kaum noch Zwangsversteigerungen im Land gab

Anzahl gerichtlicher Versteigerungen von Immobilien in Vorarlberg so niedrig wie nie zuvor.
Feldkirch, Wien Die Coronapandemie hinterlässt auch bei Gericht ihre Spuren. Laut aktueller Daten ist die Zahl der Zwangsversteigerungen von Immobilien in den letzten beiden Jahren auf ein historisch niedriges Niveau gesunken. Mit 28 Versteigerungsterminen 2020 und 32 im letzten Jahr sei der Rückgang in Vorarlberg besonders stark ausgeprägt, wie Monika Konvicka, Geschäftsführerin von SmartFacts in Wien, schildert. Mit ihrem Daten-Unternehmen analysiert sie den österreichischen Markt seit 2007. So seien auch in Vorarlberg 2008 und 2009 als Folge der Finanzkrise die Versteigerungstermine auf bis zu knapp 150 jährlich deutlich angestiegen. “Heute sehen wir in Vorarlberg nur mehr ein Viertel der Marktgröße zu Beginn des letzten Jahrzehnts”, so Konvicka.

Argumentiert wird der starke Rückgang einerseits mit den wirtschaftlichen Rahmenbedingungen, wie dem niedrigen Zinsniveau und der soliden Arbeitsmarktlage, aber auch mit den Folgen der Coronapandemie. Die Auflagen zur Kontaktbeschränkung hätten den zeitlichen Handlungsspielraum der Gerichte eingeengt. “Liquiditätshilfen verzerren zudem unter normalen Umständen schon früher zutage tretende finanzielle Engpässe”, so Konvicka weiter. Das habe zu einem gewissen Stillstand an den Bezirksgerichten geführt. Auswirkungen haben die vielen Verschiebungen von Terminen auch auf die Verfahrensdauer, die die Expertin mit acht bis 16 Monaten beziffert.

Wenn es allerdings zu einem Zuschlag kommt, dann stimmt meist für den Gläubiger – in der Regel Kreditinstitute und Eigentümergemeinschaften – auch der Preis. So seien in Vorarlberg die Erlöse bei den erfolgreichen Versteigerungen kontinuierlich gestiegen. Für das letzte Jahr würden aktuelle Daten eine Steigerung des Erlös-Indexes von über 10 Prozent erwarten lassen.
Kaum Schnäppchen in Ballungszentren
Der Traum vom günstigen Eigenheim mit einem Zuschlag bei Gericht ist in den letzten Jahren ein Stück weit in die Ferne gerückt. In den Ballungsräumen mit guter Infrastruktur gebe es über Zwangsversteigerungen kaum mehr Immobilien zum Schnäppchenpreis. “Die erzielten Erlöse liegen meist nahe am Schätzwert. Preise gehen in Richtung Freihandverkauf”, so die Expertin weiter. In ländlichen Regionen könne das aber in Einzelfällen auch anders aussehen.
65 Prozent der Termine betreffen Wohnimmobilien
Ein Blick in die aktuelle Ediktsdatei für den laufenden Monat lässt keine großen Änderungen erwarten. Auch 2022 dürften Versteigerungstermine im Land unter dem Niveau früherer Jahre liegen. Zwei Wohnhäuser, eines davon mit Geschäftslokal, ein Garagenplatz und zwei landwirtschaftliche Grundstücke stehen zur Zwangsversteigerung an. Konstant scheint die Verteilung auf Immobilientypen zu bleiben. In der langfristigen Betrachtung fallen in Vorarlberg 65 Prozent der Termine auf Wohnimmobilien, 24 Prozent auf Gewerbeimmobilien und elf Prozent auf Grundstücke, analysiert Monika Konvicka die von SmartFacts erhobenen Daten.
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