Krisengipfel zur Lebensmittelversorgung ohne Diskussion über Teuerung

Mit der Nutzung von Brachflächen und Vorräten soll sich Österreich absichern.
Wien Millionen Tonnen von Lebensmitteln aus der Ukraine können derzeit nicht genutzt werden. Häfen und Seewege sind durch den russischen Angriffskrieg blockiert. Dabei ist die Ukraine einer der weltweit wichtigsten Produzenten von Weizen und Mais. UN-Angaben zufolge wurden 2020 beispielsweise gut 30 Millionen Tonnen Mais und knapp 25 Millionen Tonnen Weizen in dem Land geerntet. Österreich kann sich bei Grundnahrungsmitteln zu einem großen Teil selbst versorgen. Bei Getreide und Erdäpfeln etwa liegt der Selbstversorgungsgrad über 90 Prozent.
Bei Gemüse sind es hingegen nur 58 Prozent und bei Obst nur 48 Prozent. Bei Milch und Fleisch werden mehr als 100 Prozent produziert. Landwirtschaftsministerin Elisabeth Köstinger (ÖVP) sieht die Lebensmittelversorgung in Österreich jedenfalls gesichert. Das berichtete sie nach einem Gipfel zur Lebensmittelsicherheit, an dem unter anderem Bundeskanzler Karl Nehammer (ÖVP) und Vizekanzler Werner Kogler (Grüne) teilnahmen.
Lebensmittelreserven aufbauen
Laut Köstinger laufen nun Gespräche mit Nachbarländern, um Lieferengpässe aus der Ukraine auszugleichen. Der Gipfel sei ein Auftakt, um bestmöglich auf den Herbst und Winter vorbereitet zu sein. Es werde zudem geprüft, so Köstinger, inwiefern ein strategischer Aufbau von Lebensmittelreserven in Österreich notwendig ist.

“Abhängigkeiten entwickelt”
“Österreich hat Abhängigkeiten entwickelt, die durchaus zu hinterfragen sind”, sagte Landwirtschaftskammerpräsident Josef Moosbrugger. Er betonte zudem zum Thema Lebensmittelpreise, dass die Preise für die Erzeuger im gleichen Ausmaß steigen würden: “Die Betriebsmittelpreise explodieren.” Auch die Bauern bräuchten ein Entlastungs- und Teuerungsausgleichspaket. Es müsse alles getan werden, um österreichische Landwirte in Produktion zu halten. Moosbrugger nennt als Beispiel Geflügelbauern, die aktuell mit enorm hohen Futterkostenpreisen konfrontiert sind.
„Wir haben in Österreich keine Versorgungskrise, was Lebensmittel anbelangt”, bestätigte Wifo-Chef Gabriel Felbermayr. Für Konsumenten und Produzenten steigen hingegen die Preise.
Brachflächen sollen genutzt werden
Zum Thema Teuerung wurden bei dem Gipfel keine Neuigkeiten verkündet. Es wurden vor allem zwei Punkte betont: Österreich möchte versuchen, trotz des Krieges Getreide aus der Ukraine herauszubekommen. Landwirtschaftsministerin Elisabeth Köstinger sprach in diesem Zusammenhang von einem grünen Korridor. Die Regierung führe Gespräche mit der EU-Kommission. Ein zweites Thema war die Schaffung zusätzlicher landwirtschaftlicher Flächen in Österreich, aber auch im Rest von Europa. Dazu sollen Brachflächen freigegeben werden, in Österreich betrifft das einige Tausend Hektar. Umweltschützer befürchten einen Nachteil für die Artenvielfalt und den Verlust wichtiger ökologischer Flächen.
Scharfe Kritik von der SPÖ
Aus der Opposition kam Kritik am Gipfel. Es sei eine Schande, die Menschen so an der Nase herumzuführen und wieder keine Ergebnisse zu liefern, ließ SPÖ-Bundesgeschäftsführer Christian Deutsch via Aussendung wissen. Ein Treffen nach dem nächsten ginge zu Ende, ohne, dass die Menschen endlich spürbar von der Rekordteuerung entlastet werden. Die Bundesregierung vertröste – wie auch heute Köstinger – die Menschen mit dem Verweis auf Arbeitsgruppen und Beratungen, kritisierte auch FPÖ-Sozialsprecherin Dagmar Belakowitsch.