So viele Baubewilligungen wie noch nie

Wirtschaftsforscher sieht die Gefahr, dass die Umsetzung ins Stocken gerät.
SCHWARZACH 2021 gab es sowohl im vierten Quartal als auch insgesamt so viele Baubewilligungen wie noch nie in Vorarlberg. Vor allem bei Ein- und Zwei-Familien-Häusern kam es zu einem kräftigen Plus. Stark steigende Materialpreise könnten nun jedoch dazu beitragen, dass viele Projekte nicht realisiert werden, wie Michael Klien vom Wirtschaftsforschungsinstitut WIFO meint.
Wolfgang Amann, geschäftsführender Gesellschafter des Instituts für Immobilien, Bauen und Wohnen, hat die Bewilligungen umgerechnet und österreichweit verglichen. Ergebnis: Mit 10,4 Wohnungen pro 1000 Einwohner weise Vorarlberg gemeinsam mit Tirol den höchsten Wert auf und liege um gut ein Viertel über dem Durchschnitt vom Boden- bis zum Neusiedlersee.

„Bemerkenswert ist der Boom angesichts dessen, dass Vorarlberg mittlerweile unter allen Bundesländern das teuerste Pflaster ist“, so Amann: „Trotz der durch die Decke gehenden Preise wird gebaut wie nie zuvor.“ Zurückzuführen sei dies vor allem auf die extrem niedrigen Kapitalmarktzinsen. Sie würden etwa die Finanzierung relativ günstig machen.
Entwicklung durch Corona
Bei den Bewilligungen nur leicht über dem mehrjährigen Schnitt liegen laut Amann größere Anlagen mit drei oder mehr Wohnungen. Bei Eigenheimen mit einer oder zwei Wohnungen gab es dagegen ein Plus von 30 Prozent auf mehr als 1000 im vergangenen Jahr. Summa summarum wurden 4179 Wohnungen genehmigt bzw. erstmals mehr als 4000.
„Bemerkenswert ist der Boom angesichts dessen, dass Vorarlberg das teuerste Pflaster ist.“
Wolfgang Amann, Experte für Bauen und Wohnen
„Das ist sicher auch eine Coronaentwicklung“, meint WIFO-Wohnbauexperte Michael Klien zur Entwicklung bei den Eigenheimen: „Der Bedarf nach Frei- und Grünraum ist dadurch befeuert worden.“ Das bringe auch eine andere Statistik zum Ausdruck: „Wenn man sich die Bevölkerungsentwicklung in den vergangenen eineinhalb Jahren anschaut, erkennt man, dass es die größten Zuwächse außerhalb der Städte gegeben hat.“ Dort, „in den Speckgürteln“, seien Ein- und Zwei-Familien-Häuser die gängigste Wohnform.
Lieferengpässe bei Materialien
Mit den Baubewilligungen ist jedoch ein immer größer werdendes Fragezeichen verbunden, wie Klien im Gespräch mit den VN analysiert: „Zu welchem Preis und bis wann diese Projekte realisiert werden können, steht in den Sternen. Man hört von Bauträgern, dass sie Projekte verschieben oder auf Eis legen.“ Ein Vorarlberger Unternehmen ist zuletzt zu einem Verkaufsstopp bis zum Sommer geschritten. Lieferengpässe und Preissteigerungen bei Materialien machen es schwer bis unmöglich, Errichtungskosten und Fertigstellungszeitpunkt abzuschätzen, geschweige denn zu kalkulieren.