Die Waschmaschine der ÖVP

Auch wenn die vielen Wirtschaftsbund-Inserenten von Landesunternehmen, Wirtschaftskammer und vielen Firmen nun aus Scham etwas anderes behaupten: Natürlich ging es nie um die Werbewirkung des Parteimagazins mit Mini-Auflage, – sondern darum, die ÖVP-Wirtschaftspolitik zu fördern.
1,3 Millionen Euro pro Jahr lukrierte der Wirtschaftsbund mit seinem unversteuerten Inseraten-Business. Seit 2014 gingen rund eine Million Euro an die ÖVP-Landespartei, getarnt und vom Wirtschaftsprüfer bestätigt in der Parteibilanz als “Mitgliedsbeiträge”. Offenbar wurden Rücklagen in Höhe von 5 Millionen Euro angehäuft. Dass auch einzelne ÖVP-Bürgermeisterkandidaten von Hörbranz über Lustenau, Rankweil, Feldkirch bis Bludenz gefördert wurden, wirft neue Fragen auf. Vergab der Wirtschaftsbund diesen monetären Turbo-Boost für Ortskaiser nach Gutdünken? Oder waren dies Parteispenden von lokalen Wirtschaftstreibenden, getarnt als Inserate, abgewickelt über den Wirtschaftsbund mit Zweckwidmung für den Kandidaten?
Alles bisher nicht bekannt. Ebenso wenig, ob das – neben der greifbaren persönlichen Bereicherung der Wirtschaftsbund-Direktoren – schon alles war. Hat der potente Vorarlberger Wirtschaftsbund zu den Glamour-Wahlkämpfen von Sebastian Kurz tatsächlich keinen einzigen Euro beigetragen?
Bis heute wurde von der ÖVP in keinster Weise öffentlich einsehbar gemacht, woher das Geld kam, wohin es ging. Alles, was an Geldflüssen bisher öffentlich ist, stammt aus den vom Untersuchungsausschuss angeforderten Akten der Steuerprüfer. Nur Puzzleteile.
Der Wirtschaftsbund, eine Wasch- und Umwandlungsmaschine für Parteispenden: Firmen, die in einer Art Dauerauftrag bei der Partei Monat für Monat Inserate schalten, anstatt den mühsam transparenten Weg der ehrlichen Parteispende zu gehen, wo Beträge über 2645,07 Euro augenblicklich dem Rechnungshof gemeldet und samt Spendernamen veröffentlicht werden müssten.
Der Landeshauptmann sagt, er habe von vielem nichts gewusst – nicht von den Methoden seiner Teilorganisation, nicht von der Kaffeekasse seiner Wirtschaftslandesräte. Wirtschaftsprofessoren der renommierten Stanford-Universität lehren, dass die schlechtest-informierte Person in einer Firma überraschenderweise stets der Chef selbst ist. Schlechte Nachrichten werden so lange wie möglich von allen Hierarchieebenen zurückgehalten, die Chefs geblendet, wie toll alles doch ist. Es muss also auch eine Leistung von guten Führungskräften sein, einen möglichst ehrlichen und direkten Blick auf das zu haben, was schlecht läuft. Dinge in der eigenen Firma, der eigenen Partei nicht zu wissen, ist also ein mindestens ebenso großes Versäumnis, wie Dinge zu wissen und nichts dagegen zu tun.
Dass diese Parteispenden-Waschmaschine mutmaßlich illegal und völlig daneben war, hat Landeshauptmann Markus Wallner bisher nicht in dieser Klarheit über die Lippen gebracht. Genausowenig wie eine Entschuldigung bei den Wählern. Zunächst war es ein “Steuerproblem des Wirtschaftsbundes”, dann, als die Vorwürfe ihn selbst betrafen, eine “glatte Lüge”. Die Landesräte schmettern derweil tröstende Treueschwüre im Landtag und betonen die Verdienste des Landeshauptmanns, die niemand bezweifelt.
Diese Woche brachte die bittere Erkenntnis, dass “Krisenmanagement” nicht im Ansatz vorhanden ist. Es scheint aus den jeweils kleinstmöglichen, nötigsten Maßnahmen und der maximal unglücklichen Optik zu bestehen. Der berichtete Löschversuch des Mobiltelefons interessiert die Wirtschafts- und Korruptionsstaatsanwaltschaft zu Recht. Dieser völlig selbst eingebrockte Punkt wirkt in der Koalition und in der Öffentlichkeit mindestens genau so schwer wie die bisherigen Vorwürfe.
Hätte die Vorarlberger ÖVP die schwerste Krise seit Bestehen ernst genommen, wären die Sünden des Wirtschaftsbundes offengelegt, das Dienstverhältnis mit dem gierigen Direktor gekündigt und der Verein aufgelöst worden. Nichts davon ist bisher passiert.