Flucht eines Hohenemsers “Über die Grenze”

Eine von 52 Hörgeschichten am Radweg zwischen Bodensee und Silvretta ist die von Ivan Landauer.
Hohenems Anlässlich der Eröffnung der Freiluftinstallation „Über die Grenze“ beleuchtet die Biografienreihe der VN-Heimat Dornbirn und des Jüdischen Museums Hohenems die Fluchtgeschichte von Ivan Landauer, der Hohenems im August 1938 für immer verlassen musste. So wie er, versuchten zwischen März 1938 und Mai 1945 tausende Flüchtlinge über Vorarlberg die rettende Schweiz zu erreichen.
Unter ihnen waren nicht nur Jüdinnen und Juden, sondern auch Kriegsgefangene, Zwangsarbeiterinnen oder Deserteure. Manche versuchten ihr Glück entlang des Rheins, andere wählten die Routen über die Gebirgspässe des Montafons. Am 3. Juli findet nun zum Auftakt dieser neuen Programmschiene, die über die Website www.ueber-die-grenze.at erreichbar ist, eine Fahrradsternfahrt zum Festakt am Hohenemser Schlossplatz statt.

Einer von 35 Steinen, die für dieses Projekt entlang der Radroute Nr. 1 errichtet wurden, befindet sich unweit des Hohenemser Zollamts. Über den dort angebrachten QR-Code gelangt man unter anderem auf die Geschichte des 1899 geborenen Ivan Landauer, dem Sohn der damaligen Gastwirte der „Frohen Aussicht“. In seiner Kindheit besuchte er noch als einer der letzten Schüler die Jüdische Schule in Hohenems. Mit 16 zog er zunächst für zwei Jahre nach Zürich, um dort die Lehrzeit in der Blusenfabrik Leon Levy zu absolvieren. 1917 meldete er sich freiwillig zum Kriegseinsatz, kehrte nach Hohenems zurück und diente als Soldat in der österreichisch-ungarischen Armee. Nach dem Ersten Weltkrieg hatte Landauer Probleme, eine längerfristige Anstellung zu finden. Eine Zeit lang arbeitete er auch im Betrieb seines Schwagers Jakob Bollag, den seine ältere Schwester Jenny bereits 1920 geheiratet hatte. Er selbst ehelichte erst im November 1934 die aus Zürich stammende Hulda Egli, die jedoch bereits ein Jahr später kinderlos verstarb.

Nachdem 1936 auch seine Mutter Nanette Landauer verstorben war, übernahm Ivan Landauer die elterliche Gastwirtschaft, musste diese aber nach dem „Anschluss“ zwei Jahre später wieder schließen. Zudem wurde er für drei Wochen inhaftiert. 1939 wurde die „Frohe Aussicht“, die er bis dahin vorübergehend verpachtet hatte, auf Betreiben einer Schweizer Bank schließlich zwangsversteigert. Zu dieser Zeit hatte Landauer jedoch bereits die Flucht über den Rhein geschafft. Nach einem ersten Versuch im Mai gelang ihm der rettende Grenzübertritt am Abend des 24. August 1938. Danach bemühte er sich um eine Aufenthaltsbewilligung, die ihm allerdings verwehrt bleiben sollte. Die eidgenössische Fremdenpolizei verfügte ein Jahr später „nach Prüfung der Akten“, dass Ivan Landauer aufgrund von „Überfremdung“ der Aufenthalt nur zur Vorbereitung der Auswanderung, die bis zum 15. November zu erfolgen hätte, erteilt werden könne. Außerdem wurde ihm währenddessen jede Erwerbstätigkeit verboten.

Eine Rückkehr nach Nazideutschland war für ihn jedenfalls ausgeschlossen. Es gelang Landauer allerdings auch nicht, das Visum eines anderen Staates zu erhalten, weshalb er Ende September 1940 in ein Arbeitslager in Gordola im Tessin eingewiesen wurde. Dort arbeitete er als Koch und fertigte während dieser Zeit auch ein Poesiealbum an, in dem sich seine „Arbeitsdienstkameraden“ verewigten. Erst im Juni 1942 wurde er aus gesundheitlichen Gründen aus dem Internierungslager entlassen.
Er kam erneut bei der Familie seiner Schwester Jenny in Heerbrugg unter, wo er infolge seines Herzleides bereits am 6. März 1943 im Alter von 44 Jahren verstarb. Seine letzte Ruhestätte befindet sich am jüdischen Teil des St. Galler Ostfriedhofs. RAE