Wie Bechtold auf das Schienennetz kommt

Zug fahren und ins Magazin 4 kommen: Der Vorarlberger Künstler hat sein Taurus-Signatur-Projekt realisiert.
Bregenz Für jene, die im August 2002 auf der Bielerhöhe dabei waren, schließt sich der Kreis. Gottfried Bechtold hat die Silvretta-Staumauer mit seinem Namenszug “G. Bechtold 02” signiert. Zu sehen ist dieser immer noch. Die Thematik ist vielschichtig. Berührt wird damit die Tradition des Ready-made, eines Gegenstandes, der zum Kunstwerk erhoben wird, die Bedeutung der Autorenschaft an sich und auch die Hervorhebung dieses Bauwerks, das auch in die dunkle Geschichte des Landes verweist, in dem Zwangsarbeiter für derlei Bauvorhaben ausgenutzt wurden.

Zwanzig Jahre später hat der Vorarlberger Künstler (geb. 1947) nun ein umfangreiches Projekt realisiert, das nicht nur darauf Bezug nimmt, sondern die Signatur-Arbeiten mit besonderer Signalwirkung abschließt.

Sie wurde bereits wahrgenommen, denn die Taurus-Lokomotive mit dem Signaturschriftzug “G. Bechtold 22” ist seit wenigen Tagen auf dem europäischen Schienennetz unterwegs, vorerst bevorzugt auf der Strecke zwischen Wien und Bregenz, wo sie zur Eröffnung der Ausstellung im Magazin 4 am Dienstagnachmittag ankommt. Die Arbeit steht nicht nur in einer Reihe mit dem erwähnten Staumauer-Projekt, sondern auch mit einer riesigen Signatur, die Bechtold im Jahr 2015 auf einem Schneefeld in Lech anbrachte und die somit nur ein temporäres Projekt sein konnte. Während die Illwerke dem Werk in der Silvretta eine lange Lebensdauer zugesichert haben, ist das Taurus-Projekt erst einmal für ein paar Monate angelegt, zeitlich aber noch nicht begrenzt. Jedenfalls wurde bei der Präsentation vor Medienvertretern bemerkt, dass es nur den politischen Willen braucht, um den Schriftzug auf der Lok zu lassen, bis sie dereinst als Kunst im öffentlichen Raum nicht mehr unterwegs ist, sondern einen entsprechenden Platz als Skulptur findet. Auch das entspricht dem OEuvre des Bildhauers und Konzeptkünstlers, verdichtet und visualisiert er die Themen Bewegung und Stillstand in seinen Betonporsche-Skulpturen doch perfekt.

Dass die Realisierung nun gelingen konnte, basiert auch auf der guten Verkettung der Interessen der international tätigen Kuratoren Jürgen Weishäupl und Gerald Matt sowie der Bregenzer-Kulturservice-Leiterin Judith Reichart, die das Taurus-Projekt im Fokus hatte. Im Magazin 4 finden die Besucher nicht nur fotografische Dokumente, einen von Gerhard Klocker, Massimo Girardelli und Levi Weber erstellten Film, sondern auch diverse Vermerke zum Thema Signatur und Künstlerpräsenz. Eigentlich reicht das Konzept bis zur documenta im Jahr 1972 zurück, als sich Gottfried Bechtold bereits mit dem Projekt “Der Künstler ist anwesend” in die Geschichte dieser Weltkunstausstellung einschrieb. Von der DNA-Signatur bis Techniken auf Papier ist dem Thema zu begegnen. Die Schau ist informativ und kaum retrospektiv, was Gottfried Bechtold als “Blick aus dem Sargdeckel” ohnehin ablehnt.

Präsentation der Lokomotive, 19. Juli, 17 Uhr, Bahnhof Bregenz. Eröffnung der Ausstellung im Magazin 4 um 19 Uhr. Offen bis 2. Oktober, Di bis So, 14 bis 18 Uhr.


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