Wolfsangriff im Gauertal: „Auf einmal kommt das Biest und zerfetzt die Schafe“

Oswin Kieber verlor Ende Juni durch einen Wolfsangriff im hinteren Gauertal vier seiner Schafe. Er ist überzeugt, dass nur einer von beiden auf Dauer existieren kann, der Wolf oder der Bauer.
Schruns, Tschagguns „Alpwirtschaft oder Wolf. Beides zusammen geht nicht.“ Dieser Auffassung ist Oswin Kieber, der 26 Schafe oberhalb der Alpe Spora im Gauertal auf der Weide hatte. Von den 26 konnte er nur 24 zurück ins Tal holen, schlussendlich überlebten nur 22 Schafe.
Eines war sofort tot, ihm wurde die Kehle durchgebissen. Das andere konnte erst gar nicht mehr gefunden werden. Rambo musste aufgrund eines gebrochenen Rückens notgeschlachtet werden. Nur mit Mühe konnten sie den Widder ins Tal bringen, die meiste Zeit mussten sie ihn hinter sich herziehen, da er nicht mehr selbstständig gehen konnte. Das vierte Tier musste eingeschläfert werden, weil sein Auge herausbaumelte. Ein Lamm war mehrere Tage nach dem Wolfsangriff traumatisiert, kapselte sich von der Herde ab und lief dauernd im Kreis.
„Ich kann solche Sachen nicht brauchen“, sagt der Landwirt. Der Wildbiologe Hubert Schatz bestätigte ihm vor Kurzem, dass es ein Wolf war, der Ende Juni auf seine Herde losging. Es brauchte eine Woche, bis Oswin Kieber seine Schafe umgesiedelt hatte. Jetzt weiden sie auf der Alpe Allmein bei Bartholomäberg. „Ich kann sie doch nicht dem Wolf überlassen“, begründet Oswin Kieber die Umsiedlung. Das Gebiet um die Alpe Spora ist nur einen Steinwurf von Graubünden entfernt, dort, wo zuletzt ein Wolfsrudel eine Mutterkuh gerissen hat. Daher könne er sich gut vorstellen, dass der Wolf über das Schlappiner Joch, Gafalljoch oder das Schweizer Tor hinüber nach Vorarlberg gewandert ist.
Nicht das erste Mal
Bis jetzt liegt der Verdacht nahe, dass dieser Wolf nur ein Durchläufer war. Wolfsrudel, wie es sie in Graubünden gibt, wurden in Vorarlberg noch nicht gesichtet, berichtet Oswin Kieber. Doch es ist nicht das erste Mal, dass ein Wolf ein Nutztier gerissen hat. Vor vier Jahren büßte Oswin Kieber zwei Schafe ein, die nicht mehr gefunden werden konnten. Im August 2009 riss der Wolf gleich acht Tiere von mehreren Bauern oberhalb des Hauses Matschwitz. „Die Angst steigt ständig. Es war nicht das letzte Mal, dass der Wolf kam“, befürchtet der Schrunser.

Von Herdenschutzmaßnahmen hält er nichts: „Zäune, Hunde… alles Blödsinn. Entweder der Bauer oder der Wolf ist weg.“ Ihm geht es gar nicht mal so sehr um die dürftige Entschädigung seitens des Landes, sondern um das Tierleid. Seine Juraschafe und Weiße Alpenschafe seien nach der Attacke verstört gewesen. Der Wolf wühlt die komplette Herde auf, geht bei seiner Beutejagd brutaler vor als beispielsweise ein Luchs. „Ein Wolf ist wie ein Fuchs im Hühnerstall“, erklärt Oswin Kiebers Frau. Ein Luchs würde sich ein Tier schnappen und wieder gehen. Ein Wolf aber richtet in einer Herde enormen Schaden an.
Seit dem letzten Wolfsangriff haben sich viele Bauern gefürchtet, ihre Schafe wieder auf die Alpflächen zu stellen. Oswin Kieber hat sich getraut, jedoch nur mit Bauchweh. All die Jahre ging es wieder gut, bis jetzt. „Es ist wie ein Lotteriespiel“, sagt Oswin Kieber und fordert den Abschuss des Wolfes. „Der Wolf nimmt die Freude an der Landwirtschaft. Wir haben so viel Arbeit mit Heuen, Scheren, mit den Lämmern. Dann kommt das Biest und zerfetzt die Schafe. Dieses ganze Theater macht ein Landwirt nicht mehr mit.“