Frauen bekommen in Österreich 41 Prozent weniger Pension als Männer

Politik / 02.08.2022 • 08:00 Uhr / 6 Minuten Lesezeit
Kinder bedeuten für viele Frauen Einbußen bei Einkommen und Pensionen. Eine Linderung wäre das automatische Pensionssplitting. <span class="copyright">APA/dpa/Sebastian Gollnow</span>
Kinder bedeuten für viele Frauen Einbußen bei Einkommen und Pensionen. Eine Linderung wäre das automatische Pensionssplitting. APA/dpa/Sebastian Gollnow

Frauen übernehmen mehr Kinderbetreuung, das schmälert die Pensionen. In Vorarlberg nutzten 2021 erst 86 Paare das Pensionssplitting.

Wien, Bregenz Der Equal Pension Day fällt heuer auf den dritten August, also kommenden Mittwoch. Er markiert jenen Tag, an dem Männer bereits so viel Pension bekommen haben, wie Frauen erst bis Jahresende erhalten werden. Das zeigt eine Aufstellung, die von der Abteilung Wirtschaft, Arbeit und Statistik (MA 23) und des Frauenservice (MA 57) der Stadt Wien für den Österreichischen Städtebund bereits zum achten Mal anhand der Pensionsversicherungsjahresstatistik vorgenommen wurde. Frauen erhalten demnach in Österreich durchschnittlich 41,1 Prozent weniger Pension als Männer und sind damit deutlich häufiger von Altersarmut betroffen.

So sehen die Pensionen konkret aus: Während Männer 14 Mal pro Jahr eine monatliche Durchschnittspension von 2103 Euro beziehen, sind es bei Frauen nur 1239 Euro im Monat. Seit der ersten Berechnung 2015 hat sich der Equal Pension Day österreichweit um ungefähr acht Tage nach hinten verschoben. Dabei zeigen sich nach den Bundesländern deutliche Unterschiede. Vorarlberg ist Schlusslicht.

Equal Pension Day in Vorarlberg am 9. Juli

Wien liegt auch heuer unangefochten an erster Stelle und begeht seinen Equal Pension Day als einziges Bundesland erst im September (9.9.). An zweiter Stelle folgt Kärnten (6.8.), an dritter Salzburg (31.7.). Die weiteren Ränge lauten: 4. Niederösterreich (31.7.), 5. Burgenland (29.7.), 6. Steiermark (27.7.), 7. Tirol (22.7.), 8. Oberösterreich (14.7.). Vorarlberg hat bereits am 9.7. den Equal Pension Day begangen.

Als Gründe für die vergleichsweise niedrigen Pensionen von Frauen gelten niedrigere Erwerbseinkommen. Das liegt daran, dass sie einen Großteil der unbezahlten Arbeit, wie Kinderbetreuung, Hausarbeit und Pflege von Angehörigen, leisten und dass sie deshalb häufiger teilzeitbeschäftigt sind.

Pensionssplitting kaum genutzt

Das Pensionssplitting wäre ein Mittel gegen Altersarmut von Frauen, setzt sich aber kaum durch. Das freiwillige Modell sieht vor, dass Pensionsansprüche unter Eltern für bis zu sieben Jahre geteilt werden. “Die Zahlen sind immer noch lächerlich niedrig, wenn es zu rund 1000 Fällen von Splitting bei 85.000 Geburten 2021 in Österreich kommt”, sagt Neos-Sozialsprecher Gerald Loacker den VN.

In Vorarlberg haben sich im Jahr 2020 69 Paare die Pensionsansprüche geteilt, 2021 waren es 86. Insgesamt lagen in Gesamtösterreich die Zahlen beim Splitting der Pensionen 2020 bei 1020 und 2021 bei 1043. Die Zahlen steigen also, aber auf niedrigem Niveau. Die westlichen Bundesländer splitten häufiger.

Frauen bekommen in Österreich 41 Prozent weniger Pension als Männer

Seit 2017 in Regierungsprogrammen

Dabei gibt es immer wieder Anläufe, das System verpflichtend einzuführen. Seit 2017 steht die Ausarbeitung einer automatischen Variante in den Regierungsprogrammen. Eine gesetzliche Regelung für ein automatisches Pensionssplitting während der Zeiten der Kinderbetreuung, so wie es in anderen Ländern bereits üblich ist, würde Frauen finanziell stärker absichern. Die Eltern müssten bewusst aussteigen. “Wann kommt es endlich? Die Regierung ist hier säumig, obwohl Frauenministerin Susanne Raab das automatische Pensionssplitting zu ihrer obersten Priorität erklärt hatte”, sagt Loacker. Die 2005 geschaffene freiwillige Möglichkeit zum Splitting erreiche zudem meist gerade jene nicht, die es am nötigsten brauchen würden, heißt es vonseiten der Schuldnerberatung.

“Dass der ÖVP die Bekämpfung von Altersarmut bei Frauen kein besonderes Anliegen ist, ist nicht sonderlich überraschend. Aber dass auch die Grünen, die sonst gern die großen Frauenpolitiker geben, hier nichts weiterbringen, ist einmal mehr eine große Enttäuschung”, kritisiert Loacker.

Ein Modell eines automatischen Pensionssplittings befinde sich zur Zeit in politischer Verhandlung, schreibt Sozialminister Johannes Rauch (Grüne) in einer Anfragebeantwortung im Juli: “Details zur Ausgestaltung sind noch nicht fixiert.”

Fristen und Berechtigungen

Anspruch auf das Pensionssplitting haben alle Eltern, die ab 1955 geboren wurden und ab 2005 Kindererziehungszeiten vorliegen haben. Es ist dabei übrigens nicht relevant, ob die Eltern überhaupt verheiratet, verpartnert sind oder zusammenleben. Eine Frist gilt es jedoch zu beachten: Das Splitting muss bis zum zehnten Geburtstag des jüngsten gemeinsamen Kindes beantragt werden.

Um Frauen vor Altersarmut zu schützen, brauche es zudem weitere Schritte, so der Neos-Abgeordnete: Weniger Teilzeitarbeit, Anpassung des Pensionsalters, bessere Kinderbetreuung, die auch volle Erwerbsbeteiligung ermöglicht.

ÖGB gegen Splitting

Es gibt auch Gegenstimmen: ÖGB und SPÖ sprachen sich wiederholt gegen das verpflichtende Pensionssplitting aus. Für ÖGB-Vizepräsidentin und aktuell Bundesratspräsidentin Korinna Schumann bedeutet ein Teilen der Beiträge während der Karenz, dass die Frauen- und Familienpolitik um Jahrzehnte zurückgeworfen würde. Sie erkenne darin nur ein Kaschieren der Symptome. Mögliche Effekte seien bestenfalls in einigen Jahrzehnten spürbar. Stattdessen empfiehlt sie eine bessere und längere Anrechnung der Kindererziehungszeiten sowie einen Rechtsanspruch auf einen Betreuungsplatz für jedes Kind ab dem ersten Geburtstag.