Franui, Maschek und Schnitzler – das zieht und wirkt

Kultur / 04.08.2022 • 21:00 Uhr / 4 Minuten Lesezeit
„Fräulein Else“ mit dem Stummfilm von Paul Czinner, der Musicbanda Franui und Maschek im Bregenzer Festspielhaus. <span class="copyright">BF/Köhler</span>
„Fräulein Else“ mit dem Stummfilm von Paul Czinner, der Musicbanda Franui und Maschek im Bregenzer Festspielhaus. BF/Köhler

Rekonstruierter Stummfilm „Fräulein Else“ füllte bei den Bregenzer Festspielen das große Haus.

Bregenz Personen mit „Suche Karten“-Schildchen waren am Vorplatz des Bregenzer Festspielhauses anzutreffen. Begehrt wurden Tribünenplätze für „Madame Butterfly“, der Opernproduktion auf dem See, die  – obwohl noch bis 21. August auf dem Programm – nun wohl ausverkauft ist. Das erstaunt nicht, eher ist es überraschend, dass auch im großen Haus bei einem Projekt, das bereits in Wien und etwa auch in Innsbruck auf dem Programm stand, die Plätze rar wurden. Die Musicbanda Franui und das Kabarettduo Maschek (Peter Hörmanseder und Robert Stachel) haben Zugkraft, Arthur Schnitzler wohl auch, obwohl in dem von Paul Czinner geschaffenen, im Jahr 1929 präsentierten Stummfilm nur Teile des Hauptplots der 1924 erschienenen Novelle „Fräulein Else“ vorkommen.

Das Kabarettduo Maschek synchronisierte den Film mit pointiertem Witz. <span class="copyright">BF/Köhler</span>
Das Kabarettduo Maschek synchronisierte den Film mit pointiertem Witz. BF/Köhler

Nachdem die Bregenzer Festspiele die Franui-Projekte in den letzten Saisonen laufend im Programm hatten, ist es gerechtfertigt, auch eine fertige Produktion einzukaufen und zudem bestätigt der Publikumszuspruch die Intention von Festspielchefin Elisabeth Sobotka. 

Dabei sei gleich einmal vorweggenommen, dass jene, die nach Schnitzlers Monolog suchten, sowieso auf dem falschen Pfad waren. Weder Franui-Leiter Andreas Schett noch Maschek verfolgten die Absicht, dem Film konkret entgegenzuwirken und den Fokus besonders stark auf den Konflikt der jungen Frau zu legen, deren Recht auf Selbstbestimmung empfindlich eingeschränkt wird, wenn sie sich einem älteren Herren nackt zeigen soll, um dem Vater aus einer Finanznot zu helfen. Czinner hat sich an einem großbürgerlichen Gesellschaftsbild festgebissen und hatte offenbar mehr Interesse daran, die Atmosphäre in einem Nobelhotel in St. Moritz und seinen Sportplätzen einzufangen, wohin er das Geschehen verlegt, als sich um die Seelennöte Elses zu kümmern. Die hatte die damals gefeierte Schauspielerin Elisabeth Bergner allein mit einigen Blicken zu vermitteln und Maschek taten gut daran, hier den Mund zu halten und den Part der Musik zu überlassen, die Franui feingliedrig mit allerlei Motiven aus dem klassischen Repertoire auffahren lässt.

Pluspunkte für die Schlagfertigkeit

Den großen Rest akzeptiert man oder man akzeptiert ihn nicht. So einfach ist das. Für eine hohe Vergabe an Pluspunkten spricht die kuriose Einbettung Arthur Schnitzlers als Person, die Gefühle bei seiner Bediensteten weckt, die schlagfertige Übertragung der oberflächlichen Gesellschaft der Nachkriegsjahre in die Gegenwart mit so penetranten wie entlarvenden Werbeslogans und die gut gewählten MeToo-Akzente über die Einblendung eines Chat-Protokolls mit dem der alte Lüstling die unerfahrene Frau unter Druck setzt. Else zu Beginn eine Art Doppelgängerin anzudichten, hätte man bleiben lassen können. Aber gut, den sowieso zu melodramatischen Schluss konterkariert Franui grandios mit jenem Musikcharakter, für den die Musicbanda steht. What else, die Rekonstruktion von „Fräulein Else“ entwickelt Eigendynamik und wird zum besonderen Erlebnis, das den Kern des anklagenden Schnitzler-Monologs durchaus sichtbar macht.

Die Bregenzer Festspiele dauern noch bis 21. August. Nächste Produktion: „Fly Ganymed“ mit Nikolaus Habjan am 7. August.

Filmszene mit Elisabeth Bergner auf der Festspielhausbühne mit der Musicbanda Franui und Maschek. <span class="copyright">BF/Köhler</span>
Filmszene mit Elisabeth Bergner auf der Festspielhausbühne mit der Musicbanda Franui und Maschek. BF/Köhler