Vom Gräs zum Käs: Mit welchen Herausforderungen Milchviehbetriebe zu kämpfen haben

VN / 18.08.2022 • 22:00 Uhr / 4 Minuten Lesezeit
Kammerdirektor Stefan Simma, Landwirtschaftskammerpräsident Josef Moosbrugger und die Familie Matt im Stall des Balottahofs. <span class="copyright">VN/JUN</span>
Kammerdirektor Stefan Simma, Landwirtschaftskammerpräsident Josef Moosbrugger und die Familie Matt im Stall des Balottahofs. VN/JUN

Landwirtschaftskammerpräsident Josef Moosbrugger spricht am Balottahof in Schlins über Versorgungssicherheit und regionale Wertschöpfungsketten als Antwort auf globale Herausforderungen wie Energiekrise und Klimawandel.

Schlins Wie wichtig landwirtschaftliche Betriebe für die regionale Wertschöpfung sind, darüber informierte Landwirtschaftskammerüräsident Josef Moosbrugger im Balottahof im Zentrum von Schlins. Der familiengeführte Milchviehbetrieb von Simon Matt und Nadine Krobath liegt in direkter Nachbarschaft zur Genossenschaftssennerei Schlins-Röns, wo die Milch weiter zu Bergkäse verarbeitet wird.

Auf dem Feld direkt neben dem Hof werden nach den Richtlinien des Ländle Gütesiegels auf 70 Ar Äpfel angebaut.
Auf dem Feld direkt neben dem Hof werden nach den Richtlinien des Ländle Gütesiegels auf 70 Ar Äpfel angebaut.

Simon Matt führt den Heubetrieb mit 70 Stück Vieh, davon 36 Milchkühe, und 30 Hektar Grünland seit 2016 in vierter Generation, seit 2019 im Haupterwerb. Der Balottahof ist einer von acht Milchlieferanten, der die Sennerei Schlins-Röns beliefert, die Familie betreibt als zweites Standbein auch einen Obstanbau. Die Erträge der Apfel-, Birnen- und Zwetschgenbäume vermarktet der Junglandwirt direkt ab Hof.

Im Käsekeller haben bis zu 10.000 Laibe Platz.
Im Käsekeller haben bis zu 10.000 Laibe Platz.

Den Sommer verbringen 15 seiner Kühe und das Jungvieh auf der Alpe im Nenzinger Himmel und Rellstal. Die Alpwirtschaft spielt in Vorarlberg eine wichtige Rolle. „Das Land ist vom Berg bis ins Tal perfekt bewirtschaftet“, lobt Josef Moosbrugger. Problematisch findet er, dass mehrmähdige Flächen in den letzten Jahren um sieben Prozent geschrumpft sind. Dabei sind gerade diese ertragreichen Flächen wertvoll für die Viehwirtschaft. „Wir kämpfen intensiv gegen den Flächenverbrauch“, so Moosbrugger, auch, weil die Anzahl der Betriebe langsam abnimmt. Das bringe die Alpwirtschaft in Gefahr, denn ein Hektar weniger bewirtschaftete Fläche im Tal bedeutet zwei Hektar weniger beweidete Fläche auf den Alpen.

Energieautarkie als Lösung

Der Flächenverbrauch sei aber nicht das einzige Problem, mit dem die Landwirtschaft zu kämpfen hat. Die kleinstrukturierten Betriebe, davon nur ein Drittel im Haupterwerb, leiden unter den hohen Energiepreisen. Die Landwirtschaft hätte sogar Lösungsvorschläge, wie sie energieautarker werden kann, mit Biogasanlagen und PV-Anlagen auf den Dächern zum Beispiel. Doch ein Maßnahmenkatalog und klare Strategien seitens der Politik fehlen, bedauert Moosbrugger.

Milchreferent Fritz Metzler und Meistersenn Thomas Kaufmann bei der Qualitätskontrolle.
Milchreferent Fritz Metzler und Meistersenn Thomas Kaufmann bei der Qualitätskontrolle.

Immerhin sei Vorarlberg bei der Lebensmittelversorgung unabhängig. „Wir haben Gras als Futtergrundlage und brauchen kein Zukauffutter. Das ist die genialste Form der Lebensmittelsicherheit“, sagt der LK-Präsident. Problematisch werde es nur, wenn es wie jetzt eine lange Trockenperiode gibt. Bei über 25 Hitzetagen im Jahr und kaum Niederschlag wächst das Gras langsamer und vertrocknet. In zwei Wochen schon werden daher Matts Kühe von den Alpen geholt. 

Stefan Simma, Fritz Metzler, Michael Amann, Thomas Kaufmann, Bernhard Rauch und Josef Moosbrugger in der Produktionshalle der Dorfsennerei Schlins-Röns.
Stefan Simma, Fritz Metzler, Michael Amann, Thomas Kaufmann, Bernhard Rauch und Josef Moosbrugger in der Produktionshalle der Dorfsennerei Schlins-Röns.

Weltbester Käse aus Schlins

Simon Matt ist stolz, Partner der Sennerei Schlins-Röns zu sein, deren Bergkäse bereits mehrmals prämiert wurde, zuletzt mit dem internationalen World-Cheese-Award 2021/22. Unter 4000 eingereichten Hartkäselaiben holte sich der Schlinser Bergkäse Gold. Das schätzen auch die Kunden des Dorfladens der Sennerei. „Manchmal ist der Verkaufsladen zu klein“, sagt der Obmann der Dorfsennerei, Michael Ammann. Vier Millionen Liter Milch werden dort im Jahr verarbeitet und vermarktet. Im Käsekeller reifen bis zu 10.000 Laibe. Fritz Metzler, Milchreferent des Landes, ist mit der Qualität des Schlinser Bergkäses höchst zufrieden und vergibt bei seiner Qualitätskontrolle fast die volle Punktzahl. VN-JUN

Zum Schluss wird der Bergkäse noch vakuumiert.
Zum Schluss wird der Bergkäse noch vakuumiert.