Autofreier Kindercampus in Schruns sorgt für heftige Diskussionen

Der geplante Kindercampus auf dem Sternenparkplatz in Schruns soll autofrei werden.
Schruns Soll der geplante Kindercampus auf dem Sternenparkplatz in Schruns nun autofrei werden oder nicht? Darum ging es in der letzten Gemeindevertretungssitzung von Schruns, in der Nina Fritz, Obfrau des Ausschusses „Kindercampus“, das Projekt vorstellte.
Wobei „autofrei“ auch das falsche Wort sei, wie Marcellin Tschugmell den „Etikettenschwindel“ enttarnte, da trotzdem noch Anrainer des Jakob-Stemer-Weges und des Ortsteils Gamplaschg sowie Rettungskräfte und Lieferanten die Straße weiter passieren dürfen. Lediglich die Eltern dürfen an der Schule nicht mehr ihre Kinder abladen und -holen. Auch soll es keine Tiefgarage unter dem Kindercampus geben, da zum einen im Bereich der Auffahrts- und Abfahrtsrampe gefährliche Situationen mit Kindern entstehen können, zum anderen diese viel Platz brauche. Autofrei soll daher nur das Gelände des Kindercampus werden, damit sich die Kinder frei bewegen können.
Zwei Lager in Gemeindevertretung
Schnell kristallisierten sich in der Gemeindevertretungssitzung zwei Lager heraus: die Wirtschaftstreibenden in Schruns und die „Sozialromantiker“, wie Tanja Könsgen feststellte. Die Wirtschaftstreibenden wie Martin Fussenegger und Heike Ladurner-Strolz wollten dem Beschluss so nicht zustimmen, da keine konkrete Lösung zu den 70 wegfallenden Parkplätzen präsentiert wurde. „Wir sind die Leidtragenden“, sagte Martin Fussenegger, der sein Geschäft in der Silbertalerstraße hat. 70 Parkplätze zu verlieren, sei ein Wahnsinn, ist Heike Ladurner-Strolz der Meinung. Ein Ersatz müsse schon zu Baubeginn gefunden worden sein und nicht erst zur Fertigstellung. „Die Parkplatzlösung muss jetzt auf den Tisch, sonst müssen wir nicht bauen.“ Auch Jürgen Haller findet die Parkplätze „essenziell für die Schrunser Wirtschaft“.

Tiefgarage bei Hochjochbahn
Peter Vergud wies darauf hin, dass mit dem Bau einer Tiefgarage auch die Parktickets von der ersten Minute an etwas kosten werden. Das Investitionsvolumen sei jetzt schon größer als noch vor einem Jahr. Eine einstöckige Tiefgarage würde bereits 2,5 Millionen Euro kosten, zweistöckig oder mehr könne man sich als Gemeinde gar nicht mehr leisten. „Dann können wir das Projekt begraben.“ Im Gespräch für eine Alternative ist eine Tiefgarage bei der Hochjochbahn der Silvretta Montafon (SiMo), die zu je einem Drittel dem (geplanten) Hotel, der Bahn und der Gemeinde gehören wird. Dementsprechend müsste sich die Gemeinde am Bau finanziell beteiligen.
Eine Absichtserklärung mit der SiMo könne Bürgermeister Jürgen Kuster einholen, damit wäre die SiMo auch einverstanden, doch vielen Gemeindevertretern reicht diese Absichtserklärung nicht aus, sie wollen einen Vertrag. Diesen kann Jürgen Kuster jedoch nicht einfordern, versicherte aber, dass man in den Gesprächen mehr mache, als nur Kaffee trinken, wie manche Gemeindevertreter behaupteten. Auch Siegfried Marent forderte Verträge mit der SiMo, „die hieb- und stichfest sind“. Eine Absichtserklärung sei zu fragil. In die gleiche Kerbe schlug Günter Ratt, der das „Gentlemen-Agreement“ mit der SiMo nicht gutheißt. „Wenn alles glasklar sein muss, dann kommt der Architektenwettbewerb gar nicht“, rechtfertigte sich Kuster. Unwägbarkeiten gebe es immer.

Schon mehrere Gespräche mit SiMo
Er beteuerte, dass es schon mehrere Gespräche mit Martin Oberhammer, einer von zwei Vorständen der SiMo, gab. Doch die Tiefgarage bei der Hochjochbahn scheint die einzige Lösung für das Parkplatzproblem zu sein, denn die Gemeinde hat in der zentrumsnahen Umgebung keine eigenen Grundstücke mehr. Als vorübergehende Maßnahme könnten oberirdische Parkplätze bei der Hochjochbahn geschaffen werden, indem der bisherige Parkplatz um das Grundstück des Minigolfareals, das ebenfalls der SiMo gehört, erweitert wird. Die Gemeinde müsse sich sowieso einen neuen Standort für den Minigolfplatz suchen, da die SiMo das Grundstück anderweitig verwenden will.
Jürgen Kuster bekräftigte, dass es eine Maßgabe sei, Ersatzparkplätze zu schaffen. Genauso sei es eine Voraussetzung, neue Fußwege auszuweisen, damit die Kinder einen sicheren Schul- und Kindergartenweg haben. Der Bürgermeister plädierte darauf: „Ein klein bisschen Kopenhagen dürfen wir schon sein.“ Er bedauerte, dass das Auto im Mittelpunkt stehe und nicht die Kinder. „Es ist eine vertane Chance, wenn wir es nicht versuchen“, autofreier zu werden, so Kuster. Der autofreie Kindercampus müsse aber auch kontrolliert werden, forderten Tobias Kieber und Carmen Fitsch. Bis jetzt habe sie dort noch nie Polizeibeamte gesehen.
Kompromiss gefunden
Wie Norbert Haumer klarstellte, gebe es genau jetzt ein Zeitfenster für den Architekturwettbewerb, andernfalls würden weitere Monate verlorengehen. Am Ende stand die Frage im Raum, ob man mit dem Beschluss nun mitgehen kann oder nicht. Grundsätzlich wolle jeder einen autofreien Kindercampus, resümierte Marcellin Tschugmell. Er machte den Vorschlag, dass man den Architektenwettbewerb mit zwei Varianten ausschreiben soll, einmal mit und einmal ohne Tiefgarage. So müsse man sich jetzt nicht festlegen. Ein möglichst autofreier Kindercampus wurde einstimmig beschlossen mit dem Zusatz, dass „für die entfallenden Parkplätze vor Baubeginn ein adäquater Ersatz gefunden werden müsse und Architekt Josef Fink den autofreien Kindercampus und zusätzlich eine Alternative mit Tiefgarage berücksichtigen solle. Die Durchwegung ist Bedingung für das autofreie Konzept.“ VN-JUN