Gericht: Was einem Lehrer zur Lehre wurde

VN / 30.01.2023 • 16:20 Uhr / 5 Minuten Lesezeit
Der Angeklagte war bei der Verhandlung sichtlich nervös. Richter Theo Rümmele zeigte Verständnis. <span class="copyright">SAH</span>
Der Angeklagte war bei der Verhandlung sichtlich nervös. Richter Theo Rümmele zeigte Verständnis. SAH

Warum sich ein Pädagoge (54) wegen Körperverletzung und Nötigung verantworten musste.

Feldkirch Im Vorjahr kam es zu einem Auffahrunfall im Ardetzenbergtunnel Fahrtrichtung Feldkirch. Der 51-jährige Mittelschullehrer und Angeklagte, der den Unfall alkoholisiert mit seinem Motorroller verursacht hatte, indem er von hinten gegen den Pkw einer Frau aufprallte, muss sich nun am Landesgericht Feldkirch wegen Körperverletzung sowie Nötigung verantworten.

Bei der Verhandlung ist der Angeklagte sichtlich nervös. Den Fragen von Richter Theo Rümmele kann er kaum folgen. Alleine die Schuldfrage beantwortet der 51-jährige Pädagoge mit einer langen Aussage. “Da muss man etwas diffiziler werden. Ich möchte dazu zwei Geschichten erzählen. Einmal die, wie ich mich an den Vorfall erinnere und danach die Geschichte, die mir der Polizeibeamte auf dem Posten mitteilte”, gibt der Angeklagte zu verstehen.

Beim Unfall selbst war er betrunken. “Ich war zuvor auf einer Weinverkostung mit ein paar Bekannten.” Laut Polizeibericht hatte der Unbescholtene zum Tatzeitpunkt 1,24 Promille im Blut.

“Ein halber Zeuge”

Der Angeklagte behauptet, er sei der Geschädigten mit seinem Motorroller hinten ins Auto reingefahren, zu Sturz gekommen und mit dem Kopf am Kotflügel des Autos angestoßen. Er sei dann aufgestanden, habe sein Motorrad wieder aufgerichtet und wollte den Unfallort verlassen. “Als die Frau aus dem Auto stieg, habe ich ihr gesagt, sie soll mein Kennzeichen fotografieren. Damit hat die Polizei auch alle meine Kontaktdaten und wir können das klären. Dann bin ich an ihr vorbeigefahren, aber verletzt oder touchiert habe ich sie dabei ganz bestimmt nicht. Jedenfalls nicht, dass ich mich erinnern kann”, lässt der Angeklagte den Richter wissen.

Er fügt aber auch hinzu, dass die Klägerin auch ihn selbst als weiteren Zeuge habe. “Ich kann mich an den Vorfall nur noch schleierhaft erinnern, somit hat sie auch mich als halben Zeugen.”

Die Geschädigte schildert den Unfall vor Gericht ähnlich. Einzig die Situation der Flucht des Angeklagten erzählt sie anders. “Ich habe damals die Polizei angerufen und die hat mir gesagt, dass er den Unfallort nicht verlassen darf, bevor die Beamten da sind”, so die Zeugin im Zeugenstand. Ihre Aussage vor Gericht deckt sich mit der Aussage bei der Polizei.

“Ich bin vor ihn hingestanden und habe den Lenker festgehalten, damit er nicht wegfahren kann. Er ist mir dann mehrmals ins Bein gefahren, damit ich den Weg freimache.” Den Weg geräumt habe die Zeugin allerdings erst, als der Beschuldigte ihr schwungvoll mit dem Motorroller entgegen kam. Sie habe sich weggedreht, da sei der Angeklagte ihr dann gegen das linke Bein gefahren, was zu einer Prellung führte.

Verständnisvoller Richter

Nachdem der Beschuldigte den Unfallort verlassen hatte, fuhr er freiwillig zur Polizeiinspektion in der Schillerstraße. Dort wurde dann auch seine Aussage aufgenommen, die sich mit der vor Gericht nicht zu 100 Prozent deckt. Richter Rümmele bringt dem sichtlich angespannten angeklagten Lehrer viel Verständnis entgegen. “Ich kann mich wirklich nicht mehr genau daran erinnern. Aber ich möchte der Frau natürlich eine Schadenswiedergutmachung zahlen. Wenn sie sagt, sie habe dadurch eine Verletzung erlitten, wird das schon stimmen. Auch wenn ich mich nicht mehr daran erinnere”, so der Lehrer.

Diversionsangebot

Die Geschädigte fordert 900 Euro Schadenersatz. “Das steht mir zu, ich habe mich informiert”, begründet sie ihre Forderungen. Der Richter hingegen findet diese Forderung etwas übertrieben. Er spricht ihr 300 Euro Schadenersatz zu. Weiters ist im Diversionsangebot (außergerichtlicher Tatausgleich ohne Verurteilung) an den Angeklagten auch eine Geldbuße über 2000 Euro enthalten. “Ich übernehme die Verantwortung auf jeden Fall”, so der Angeklagte. Das Diversionsangebot nimmt er dankend an. Staatsanwalt Simon Mathias verzichtet auf Rechtsmittel, das Urteil ist rechtsgültig.

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