Wie ein Angeklagter zum Opfer eines Phantoms wurde

Junger Mann wurde mit dem Veröffentlichen intimer Aufnahmen bedroht. Der Täter bleibt unbekannt.
Von Raffael Hummer
Feldkirch Am Donnerstag ist am Landesgericht Feldkirch ein recht verwirrender Fall verhandelt worden. Ein 24-jähriger Unterländer wurde beschuldigt, einen jungen Mann beharrlich verfolgt und mit den Worten “Die Bombe platzt hüt, wart ab” gefährlich bedroht zu haben. Doch was ist tatsächlich passiert?
Das Opfer hatte damals über die Social-Media Plattform Snapchat Nacktbilder an andere Männer verschickt. Daraufhin wurde er auf Instagram von einem gefälschten Konto kontaktiert und von einem Unbekannten bedroht, dass dieser seiner kurdischen Familie von seiner Homosexualität erzählen und ihr die Fotos zeigen würde. Ein Druckmittel hatte er damit allerdings nicht, denn die Familie wusste bereits, dass das Opfer schwul ist.
Trotzdem kontaktierte der Täter den Bruder und wollte ein Treffen vereinbaren, auf dem er ihm “das wahre Gesicht” des Opfers zeigen, also die Bombe platzen lassen, wollte. Um herauszufinden, wer diese geheimnisvollen Nachrichten verschickt, ließ sich der Bruder darauf ein. Genaueres über die Identität des Phantoms konnte er dabei nicht feststellen, nur wie sich dessen Faust in seinem Gesicht anfühlt, der Unbekannte hatte ihn nämlich beim Treffpunkt attackiert.
“Ein Bauernopfer”
Dass sich der 24-jährige Angeklagte in der Rolle des Beschuldigten wiederfindet, liegt an einem Screenshot, den das Opfer machen konnte. Dieses verschickte er via Social-Media einen Link, der beim Öffnen automatisch ein Foto macht und auch den Standort mitliefert. Der Beschuldigte behauptet jedoch, diesen Link von einem Dritten, der ihn gebeten habe, ihm bei einem Gewinnspiel zu helfen, bekommen zu haben. Weil er Menschen gerne hilft, habe er das getan. Dadurch gelang das Foto an den Bedrohten, der glaubte, endlich seinen Peiniger ausfindig gemacht zu haben und die Polizei kontaktierte.

Wie diese in weiterer Folge vorging wird von Verteidiger Rechtsanwalt Martin Rützler während der Verhandlung scharf kritisiert: “Die Polizei erlaubte sich hier eine Vorgangsweise, die jeder Rechtsstaatlichkeit entbehrt. Obwohl deren Ermittlungsergebnisse gleich Null waren, hat die Staatsanwaltschaft in ihrer Anklage alles fraglos übernommen. Mein Mandant wurde zum Bauernopfer.”
Freispruch
Auch bei der gerichtlichen Einvernahme des Opfers konnte kein tatsächlicher Zusammenhang mit dem Angeklagten festgestellt werden. “Die Beweislage ist einfach eine zu dünne Suppe”, erklärte neben Rechtsanwalt Rützler auch Richterin Silke Sandholzer. Deshalb wurde ein Freispruch gefällt, der rechtskräftig ist.
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