Tschagguns: „Geld reicht vorne und hinten nicht aus“

Tschagguns muss heuer viel Geld in die Hand nehmen, unter anderem für Feuerwehr, Wasser und Abwasser. Die Verschuldung wächst Jahr für Jahr weiter an, denn auch in den nächsten Jahren sind hohe Investitionskosten im Budget veranschlagt. Bis 2028 wird die Gemeinde 17 Millionen Euro Schulden haben.
Tschagguns Finanz-Experte Edgar Palm präsentierte der Tschaggunser Gemeindevertretung den Voranschlag für 2023. Erfreulich sei, dass die Ertragsanteile mit 2,6 Millionen Euro auf einem „Allzeithoch“ liegen. „Das ist eine erfreuliche Entwicklung“, sagte Edgar Palm. „Die Einnahmen fallen 2023 deutlich besser aus.“ Die Erträge belaufen sich auf insgesamt 7,7 Millionen Euro. Diesen stehen Aufwendungen in Höhe von 8,3 Millionen Euro gegenüber, was einen Abgang von 600.000 Euro bedeutet.

Die Ausgaben sind gestiegen, wie zum Beispiel die Personalkosten auf 1,5 Millionen Euro. Die immer aufwendigeren Arbeitsbereiche erfordern sowohl in der Verwaltung, im Bauhof als auch im Kindergarten ein Mehr an Personal. Zudem steigen die Gehälter wie auch in den anderen Branchen 2023 deutlich stärker als in den Vorjahren (über sieben Prozent).

Zinsen steigen
Auch die Gemeinde Tschagguns merkt die gestiegenen Zinsen. Musste die Gemeinde 2022 noch 110.000 Euro Zinsen zahlen, sind es 2023 schon 590.000 Euro. Und in der Prognose für die nächsten Jahren werden die Zinsen nicht weniger. Edgar Palm prognostizierte, dass die langfristigen Zinsen zwar sinken werden, aber dass es auszuschließen sei, dass der Zins wieder negativ wird. Nichtsdestotrotz werden 2,8 Millionen Euro investiert. 3,5 Millionen Euro Darlehen müssen aufgenommen werden, eine Million Euro aus bestehenden Darlehen wird getilgt. Der Schuldenstand steigt daher auf insgesamt 14,5 Millionen Euro. Rücklagen gibt es keine.

Für Instandhaltungsmaßnahmen hat Tschagguns 300.000 Euro budgetiert. Zum einen werden Gemeindestraßen, Wanderwege und Plätze für 100.000 Euro instandgesetzt, zum anderen werden 60.000 Euro in verschiedene Gemeindegebäude investiert.

Auch der Friedhof wird sukzessive erweitert. Hierfür sind heuer 160.000 Euro eingeplant. SCO
Dieses Jahr wird ein neues Versorgungsfahrzeug für die Feuerwehr Tschagguns für 180.000 Euro angeschafft. Nächstes Jahr kommt ein Löschfahrzeug für 220.000 Euro hinzu. Die größte Anschaffung wird aber das Tanklöschfahrzeug für die Feuerwehr Latschau sein, was im Jahr 2025 mit 630.000 Euro fällig wird. Insgesamt kosten die drei Feuerwehrfahrzeuge bis 2025 über eine Million Euro.
In die Wasserversorgung werden in den nächsten Jahren über drei Millionen Euro investiert, allein heuer 820.000 Euro, nächstes Jahr sogar 1,3 Millionen Euro. Für die Abwasserbeseitigung bringt die Gemeinde bis 2028 2,4 Millionen Euro auf, dieses Jahr 570.000 Euro.
„Das sind unsere Dauerläufer: Wasser, Abwasser, Feuerwehr und Kanal“, so Palm. Das neue Bergrettungsheim kostet eine halbe Million Euro, der Umbau des Friedhofs nochmals 700.000 Euro, wobei heuer nur 160.000 Euro fällig sind. Die Sanierung von Straßen und Brücken, wie beispielsweise die Latschaustraße, wird 205.000 Euro verschlingen, das Kleinkraftwerk beim Bauhof 200.000 Euro.

“Wahnsinns Pro-Kopf-Verschuldung”
Auch wenn die Gemeinde im Rahmen dieser Investitionen Förderungen erhält, so muss sie trotzdem noch rund 2,9 Millionen Euro selbst finanzieren. Man habe mit 6900 Euro (Stand: Ende 2022) laut Karin Böhler eine „Wahnsinns Pro-Kopf-Verschuldung. Ich habe das Gefühl, wir wurschteln uns da weiter durch und nehmen immer neue Schulden auf, die durchaus ihre Daseinsberechtigung haben“. Edgar Palm bestätigte das: „Die Verschuldung nimmt in den nächsten Jahren zu.“ Bis 2028 werde die Gemeinde 17 Millionen Euro Schulden haben. Er gab auch zu verstehen, dass die Gemeinde keine „Luxusinvestitionen“ im Budget habe.

Kostenintensive Infrastruktur
Viele Ausgaben seien „fremdgesteuert“ wie die vom Aktivpark oder vom Stand Montafon. „Da kommen wir nicht raus“, so Palm. Aus langfristigen Verpflichtungen könne man nicht einfach aussteigen, bekräftigte Egon Pfefferkorn. Allein die Beteiligung am Aktivpark kostet die Gemeinde jährlich 148.000 Euro. Für Montafon Tourismus fallen jährlich 478.000 Euro an. Laut Bürgermeister Herbert Bitschnau sei das ein Problem der Talschaft, dass man in so vielen Themen involviert ist. Doch „irgendwann sind wir nicht mehr liquide“, monierte Andrea Tschofen-Netzer. Für Peter Both seien die Kooperationen immer noch die günstigste Form, um die Aufgaben zu bewältigen. „Wenn wir es selbst machen, wird es teurer.“ Das Besondere am Montafon sei die Dichte an Infrastruktur, wie Edgar Palm erklärte. Man hätte im Montafon mehr Bäder als in Feldkirch bei weniger Einwohnern. „Diese Infrastruktur kostet Geld.“

Nur mit Bauchweh zustimmen
„Das Geld reicht vorne und hinten nicht aus“, machte Palm klar. „Ich vermag die bestehenden Schulden schon nicht, wie kann ich dann neue Schulden aufnehmen? Das Land ist eigentlich sehr kritisch, was das angeht. Doch die Gebarungskontrolle war da, und solange wir den Stempel für die Darlehen kriegen, passt es.“ Man habe schon das Tourismusbüro aufgelassen, um Geld zu sparen, doch das reiche nicht aus. Karin Böhler befürchtet: „Wenn die Zinsen weiter steigen, dann reißen wir ein Loch nach dem anderen auf.“ Sie könne nur mit Bauchweh zustimmen.

Laut Palm habe man im Montafon zwar eine hohe Finanzkraft, aber auch eine hohe Verschuldung. Bürgermeister Herbert Bitschnau rechtfertigte die hohen Investitionen vor allem im Wasserbau. Hätte man nicht die Wasserleitungen ausgebaut, wäre ein Hotel wie das Falkensteiner in Latschau nicht möglich gewesen. Cornelia Keßler ist es gleich gegangen wie Karin Böhler. „Ich habe mir überlegt, wo man sparen kann, aber es geht nicht. Auf ein Kraftwerk kann man nicht verzichten.“ Gerhard Vonier sieht ebenfalls keine Einsparungspotenziale – im Gegenteil: „Das Kanalkataster und Abwasserkataster kosten richtig viel Geld. Wenn du das nicht machst, kriegst du keine Förderung fürs Bauen mehr.“ VN-JUN

Neues Bergrettungsheim in Tschagguns geplant
In Tschagguns soll ein neues Bergrettungsheim für die Gemeinden Tschagguns, Schruns, Silbertal und Bartholomäberg entstehen. Bürgermeister Herbert Bitschnau sei momentan an Grundstücksverhandlungen mit dem Eigentümer dran. Demnach soll das neue Bergrettungsheim mit einem Hubschrauberlandeplatz im Nahbereich der Feuerwehr entstehen. Welche Gemeinde wie viel zahlen muss, ist noch offen. Man müsse sich noch im Vorstand über den Aufteilungsschlüssel beraten.
500.000 Euro soll der Kauf des Grundstücks kosten. Nicht mit inkludiert sind die Sanierungskosten für das auf dem Grundstück befindliche Gebäude, das für die Bergrettung adaptiert werden muss. Ob die Gemeinde Förderungen erhält und in welcher Höhe, ist ebenfalls noch unklar. Das Bergrettungsheim ist bis jetzt im Kellergeschoss der Feuerwehr Tschagguns untergebracht und platzt aus allen Nähten, denn die Mannschaftsgröße der Bergrettung ist fast identisch mit der der Feuerwehr. VN-JUN
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