Windparks in Sichtweite: In der Schweiz weht ein anderer Wind

VN / 17.02.2023 • 16:50 Uhr / 6 Minuten Lesezeit
Windparks in Sichtweite: In der Schweiz weht ein anderer Wind

Der Kanton St. Gallen hat 17 Windkraftgebiete ermittelt, einige davon unmittelbar an der Vorarlberger Grenze.

Meiningen Die Schweiz macht ernst mit der Windkraft. In allen Kantonen werden Potenziale ausgelotet. Jetzt hat St. Gallen 17 Gebiete ermittelt, die sich für die Nutzung von Windenergie eignen. Einige davon befinden sich in unmittelbarer Grenznähe. Windräder könnten damit auch in Sichtweite zu Vorarlberger Gemeinden errichtet werden.

Bisher gibt es in der Ostschweiz (Haldstein bei Chur im Kanton Graubünden) erst ein Windrad. Das soll sich in den nächsten Jahren aber deutlich ändern. <span class="copyright">VN/Stiplovsek</span>
Bisher gibt es in der Ostschweiz (Haldstein bei Chur im Kanton Graubünden) erst ein Windrad. Das soll sich in den nächsten Jahren aber deutlich ändern. VN/Stiplovsek

Diese Woche wurden die Gebiete erstmals öffentlich präsentiert. “Wir haben das Potenzial zur Stromproduktion und Schutzkriterien sorgfältig abgewogen”, so die zuständige Regierungsrätin Susanne Hartmann. Die 17 Windkraftgebiete verteilen sich auf den gesamten Kanton, einzelne in den Regionen Ausser- und Innerrhoden auch über Kantonsgrenzen hinweg. Grenznah sind Gebiete im Schweizer Rheintal in Nachbarschaft zu Lustenau, Koblach, Meiningen und Feldkirch ausgewiesen.

Windparks in Sichtweite: In der Schweiz weht ein anderer Wind

Noch ist der Prozess in einem Frühstadium. “Wir haben jetzt den ersten Schritt gemacht und geklärt, welche Standorte geeignet wären”, sagt Marco Paganoni vom Bau- und Umweltdepartement St. Gallen im Gespräch mit den VN. Damit sei eine Grundlage geschaffen. Im Herbst wird die Regierung über den Eintrag der geeigneten Gebiete im Richtplan entscheiden. Mit dem Land Vorarlberg finde auf Fachebene laufend ein Informationsaustausch statt, so Paganoni. In möglichen Genehmigungsverfahren würden sowohl das Land als auch einzelne Gemeinden in Vorarlberg gehört.

Die 17 Windeignungsgebiete im Kanton St. Gallen

1) Klee / Rappentobel – Balgach, Berneck,

Rebstein

2) Gätziberg – Altstätten

3) Sand / Loseren – Oberriet, Rüthi

4) Sennwalder Au / Büchel – Altstätten

(Lienz), Rüthi, Sennwald

5) Weite / Valpilär – Buchs, Sevelen,

Wartau

6) Rheinau – Bad Ragaz, Mels, Sargans,

Vilters-Wangs, Wartau

7) Guschachopf / Girenbüel – Bad Ragaz, Pfäfers

8) Pizolhütte / Laufböden – Bad Ragaz,

Pfäfers, Vilters-Wangs

9) St.Margrethenberg – Pfäfers

10) Flumserberg/Maschgencham – Flums,

Quarten

11) Witöfeli / Steinerriet – Schänis

12) Laad – Eschenbach, Wattwil

13) Krinau – Bütschwil-Ganterschwil,

Mosnang, Wattwil

14) Hamberg / Alvensberg – Kirchberg,

Mosnang

15) Boxloo – Wil

16) Tannenberg – Andwil, Gaiserwald,

Gossau, Waldkirch

17) Waldegg – St.Gallen

2030 soll Windenergie im Kanton St. Gallen 80 Gigawattstunden Strom erzeugen, so die zuständige Regierungsrätin Susanne Hartmann. <span class="copyright">SG</span>
2030 soll Windenergie im Kanton St. Gallen 80 Gigawattstunden Strom erzeugen, so die zuständige Regierungsrätin Susanne Hartmann. SG

Soweit ist es freilich noch nicht. Erst Anfang Februar hatte der Kanton die betroffenen Gemeinden informiert. Ab April solle dann auch die Bevölkerung eingebunden werden. In St. Gallen wird durchaus mit Gegenwind gerechnet. “Jede Energieform wirkt sich auf Landschaft und Siedlungen aus. Wir dürfen Windstrom und Naturschutz nicht gegeneinander ausspielen”, so Regierungsrätin Hartmann.

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Während in Vorarlberg die Windkraft bisher vielerorts auf Skepsis stößt, drückt die Schweiz aufs Tempo. Die Pläne sind durchaus ambitioniert. Allein im Kanton St. Gallen sollen 2030 rund 80 Gigawattstunden erzeugt werden. In Etappen sehen die Pläne Steigerungen auf 300 Gigawattstunden im Jahr 2050 vor. “Die Stromproduktion soll grundsätzlich in Windparks mit zumindest drei Windenergieanlagen erfolgen”, so Regierungsrätin Susanne Hartmann. Einzelanlagen sollen demnach bei exportorientierten Unternehmen die Ausnahme bleiben.

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Eine solche Anlage mit bis zu 170 Meter hohem Windrad ist etwa vom Industriekonzern SFS Group am Produktionsstandort Heerbrugg nur rund zwei Kilometer Luftline von der Grenze auf Höhe Lustenau entfernt geplant (die VN berichteten). Es wäre überhaupt erst das zweite Windrad in der Ostschweiz. In Haldstein bei Chur im Kanton Graubünden steht sei zehn Jahren ein knapp 120 Meter hohes Windrad.

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In der Schweiz weht jetzt dennoch ein anderer Wind. Die Eidgenossen sehen in der Windenergie einen wichtigen Beitrag zur Unabhängigkeit von Stromimporten. Vorarlberg war da lange deutlich zurückhaltender. Vor allem der landeseigene Stromerzeuger illwerke vkw und die ÖVP standen auf der Windradbremse. Mittlerweile gibt es aber frischen Auftrieb für die Windkraft im Land. Eine Analyse zu möglichen Standorten läuft. Pfänder, Bielerhöhe, Laterns, das Montafon und das Brandnertal könnten demnach durchaus entsprechende Potenziale aufweisen.

Schweizer Pläne polarisieren auf Vorarlberger Seite

Mögliche Pläne für Windkraftanlagen unmittelbar an der Grenze sorgen auf Vorarlberger Seite für unterschiedliche Reaktionen. “Ich würde es schade finden, wenn unser schöner Ausblick in die Schweiz durch die Windräder verstellt werden würde”, sagt Inge Walch. Die Meiningerin hält die Windanlagen für optisch schrecklich. Das Landschaftsbild werde dadurch verschandelt. Vielmehr sollte man die Möglichkeiten der Wasserkraft stärker nutzen.

Inge Walch, Meiningen: "Ich würde es schade finden, wenn unser schöner Ausblick in die Schweiz durch Windräder verstellt werden würde." <span class="copyright">VN/Hartmann</span>
Inge Walch, Meiningen: "Ich würde es schade finden, wenn unser schöner Ausblick in die Schweiz durch Windräder verstellt werden würde." VN/Hartmann

Ganz anders sieht das Dominik Rüegg (27) aus Tosters. Auch er wohnt unmittelbar in der Nachbarschaft zu einem möglichen Windenergiegebiet. “Ich bin für die Nutzung von Windkraft. Sie ist ein weiterer, wichtiger Schritt für nachhaltige Energie und für die Zukunft.”

Dominik Rüegg, Tosters: "Die Windkraft ist ein weiterer, wichtiger Schritt für nachhaltige Energie und für die Zukunft."
Dominik Rüegg, Tosters: "Die Windkraft ist ein weiterer, wichtiger Schritt für nachhaltige Energie und für die Zukunft."

Dem kann Alwin Häle (82) aus Muntlix hingegen wenig abgewinnnen. “Unsere wunderschöne Landschaft hier so zu verschandeln. Ich bin ein absoluter Gegner von Windrädern”, so der 82-Jährige.

Alwin Häle, Muntlix: "Unsere wunderschöne Landschaft hier so zu verschandeln. Ich bin ein absoluter Gegner von Windrädern."
Alwin Häle, Muntlix: "Unsere wunderschöne Landschaft hier so zu verschandeln. Ich bin ein absoluter Gegner von Windrädern."

Mitarbeit: Sarah Hartmann

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